Super provisorisch

Entspannt im Hier und Jetzt: Pop-up-Barkeeper Gallus Hinder, derzeit im «ehemaligen Dieffenbacher». (Foto: FJ)

Schon bald – genau am Freitag, 3. Mai – wird die provisorische Markthalle wieder vom Spielhof in die Alte Post zurückziehen. Doch so lange führt Pop-up-Barkeeper Gallus Hinder dort das Markthalle-Kaffee und mittwochs bis samstags ab 16.00 Uhr eine Bar. Über bleibende und nomadische Infrastrukturen.

Für Gallus Hinder ist klar: Manche Projekte funktionieren als Pop-up besser – zum Beispiel sein Glühweinstand beim Rathaus- und Cityplatz. Auch die Bar bei der Markthalle ist so ein Pilz, der aus dem Stadtboden schiesst, und schon bald gibt es vielleicht ein anderes Pop-up «by Hinder». Er führt das Lokal alleine – bis zu drei Monate kann er dies auf der Basis einer Festwirtschaftsbewilligung tun. Doch wie kommt eine ganze Markthalle in ein Verkaufsgeschäft von Metallwaren und Sportartikeln? Das Zauberwort heisst Zwischennutzung. Denn für viele wäre es undenkbar, die Markthalle für drei Monate zu schliessen. Also wurde – während der Umbauzeit – das Verkaufsgeschäft am Spielhof zwischengenutzt. Nichts Ungewöhnliches für Fritz ­Pechal, Präsident von Glarus Service.

Der Wille entscheidet
«Die Idee ging von Glarus Service aus. Wir gingen auf die Vermieter zu und diese kamen uns schliesslich am Spielhof entgegen. Denn auch die provisorische Markthalle bringt Leben ins Haus. Die Eigentümer sehen, was alles im Lokal möglich ist und können nachher gezielt investieren.» Denn aus allem, was lebt, entstehen Chancen und Möglichkeiten. Für die Bar brauchte es auch Gallus Hinders Chuzpe. Da er allein vom Marktkaffee nicht hätte «überleben» können, stellte er die Bedingung, gleichzeitig an vier Tagen abends eine Bar führen zu dürfen. Natürlich braucht es auch für solche nomadischen Konzepte das OK der Gemeinde. «Wir hatten den Arbeitsinspektor vor Ort, den Feuerinspektor und die Gemeinde Glarus, welche die Pop-up-Bewilligung rasch erteilte», sagt Fritz Pechal. Und das neue Angebot wirkt belebend aufs Quartier. «Bisher dislozierten die Leute oft nicht bis zum Spielhof», so Pechal, «doch jetzt sitzen sie in der Bar beim Apéro und gehen dann gleich noch bei Gigers im Spielhofkaffee oder bei der Bäckerei Gabriel was holen – es nimmt Dynamik an.»

Viele der Stadtglarner Pop-up-Ideen gingen aus von Glarus Service – selbst die Markthalle war bis vor Kurzem ein Pop-up – doch wenn sie dem Bedürfnis der Bevölkerung oder der Touristen entsprechen, werden Provisorien irgendwann zum Providurium. «So hat ­Kaspar Marti die Landsgemeinde-Ausstellung als Pop-up organisiert», so ­Pechal, «dieses wird nun ab Mai definitiv in die Alte Post einziehen. Wenn man genügend langen Atem hat, kann ein Pop-up zu etwas Dauerhaftem werden.»

Attraktive Stadt: Kanton profitiert
Sonja Kohler Müller, Standortförderung Glarus, sieht in Pop-ups Win-win-Situationen. «Von einer attraktiven Hauptstadt profitiert der ganze Kanton. Sie muss verschiedene Funktionen erfüllen, ist nicht nur Verwaltungsstandort, sondern hat für Einheimische und Tourismus hohe Bedeutung für Freizeit, Kultur und Unterhaltung und bietet Lebensqualität. Glarus ist Arbeitsort, auch für Auswärtige, welche sich über Mittag verpflegen oder kurz etwas einkaufen. Shoppingangebote sind gefragt. Die Lädeler kommen aber zunehmend unter Druck von Onlinehandel und Einkaufszentren. Um die Attraktivität von Glarus aufrechtzuerhalten, wollen wir von der Gemeinde Impulse geben. Deshalb bestehen mit Visit Glarnerland und Glarus Service Leistungsvereinbarungen, mit dem Ziel, Besuche zu generieren und qualitative Frequenzen zu steigern. Die kantonale Tourismusstrategie fordert eine attraktive Hauptstadt, weil die Bedeutung für den Tourismus erkannt wurde. Auch ist ein Projekt im Gange, um die öffentlichen Räume und die Hauptstrasse attraktiver zu gestalten.» Pop-ups sind da ein Gewinn. «Sie sind nicht so schwierig umzusetzen», so Kohler Müller, «sind eine gute Massnahme gegen Leerstände, wirken belebend und man kann so ein Geschäftsmodell testen. Zwar gibt es bei der Gemeinde bisher keinen Topf mit Mitteln dafür, aber wo Unternehmertum und Innovationsgeist da sind, unterstützen wir, so gut es geht, sodass Neues entsteht.»

Die Kehrseite der Medaille
Allerdings gibt es in der Gemeinde Glarus keine rechtliche Grundlage, um die Belebung der Stadt zu finanzieren. «Aber wenn es einer Gemeinde besser geht, liegt auch mehr drin», so Sonja Kohler Müller. Fritz Pechal wünscht sich – sowohl von der Gemeinde wie vom Kanton – auch im Hinblick auf Glarus als Destination etwas mehr «Drive». Und sowohl nomadische Pop-ups wie auch bleibende Infrastrukturen sollten einem Bedürfnis der Bevölkerung entsprechen, denn dann kann auch eine Grundlage zu ihrer Finanzierung geschaffen werden.

FJ

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