Sein Herz schlägt für Singvögel

Herbstputz: Bruno Knobel reinigt einen seiner Nistkästen, damit die Singvögel im Frühling einen sauberen Platz für ihre Brut haben. (Foto: Fredy Bühler)

Bruno Knobel baut Nistkästen für Singvögel. Diese befestigt er an Bäumen oder Hausmauern und putzt sie regelmässig. Das macht er seit 38 Jahren «in der Steinbock-Gemeinde Glarus», wie er sagt. Das Leben der Singvögel hat ihn bereits als kleiner Bub gepackt.

Mit seinen zwölf Geschwistern ist Bruno Knobel in einem «Buräheimetli» in Altendorf aufgewachsen. «Wir hatten 60 Hochstämmer, 48 davon Kirschbäume. Unsere Heimat war voller Bäume und voller Vögel», erzählt er. Als er fünf Jahre alt war, nahm ihn sein Götti mit, um Nistkästen zu reinigen. «Nach einem Wespenstich bei einer Reinigung wollte mein Götti nicht mehr die Leiter hochsteigen.» So hat er dem Buben Bruno gezeigt, wie man sich an der Leiter festhält und die Kästen reinigt.

Nach seiner Lehre als Schreiner kam er 1971 nach Glarus, wo er seine erste Arbeitsstelle bei Kummer und Blesi antrat. Von 1974 bis 1978 arbeitete er bei der Schreinerei Sepp Tschudi in Netstal und Ennenda, später war er sieben Jahre lang Abteilungsleiter in der Möbelfabrik in Glarus. «Das war eine schöne Stelle, mit Verantwortung. Doch eines Tages wurde uns der Lohn nicht mehr ausbezahlt.» Auch die Pensionskasse und die AHV seien nicht korrekt abgerechnet worden. «Deshalb habe ich gewechselt.» 1985 fand er eine Stelle bei der Gemeinde Glarus. «Ich konnte selbstständig arbeiten, und es gab keinen einzigen Tag, an dem ich nicht gerne zur Arbeit ging.» Darum blieb er 32 Jahre lang, bis zu seiner Pensionierung. 

Vom Brett zum Nistkasten

Damals befand sich die Schreinerwerkstatt der Gemeinde in der oberen Bleiche in einem alten Fabrikgebäude. Dort hat er Vögel beim aufwendigen Nestbau beobachtet. «Damit sie es einfacher haben, habe ich Brettchen montiert.» Als Fundament für die Nester. Bei seiner Schreinerarbeit gab es Reststücke, die er nicht sinnvoll verwenden konnte. «Mit solchem Holz habe ich begonnen, Nistkästen zu bauen, die ich in der Gemeinde Glarus an verschiedenen Orten aufgehängt habe.» 

Was als kleine Hilfe für Singvögel begann, ist bis heute Bruno Knobels grosse Passion. «Aktuell betreue ich 246 Nistkästen, darunter auch fünf Eulenkästen. Allein 27 hängen im Volksgarten.» Er zimmert, repariert und reinigt die Vogelhäuschen ohne Auftrag, das macht er alles von sich aus. Holz und Vogelfutter für harte Winter bezahlt er aus eigener Tasche. «Das mache ich aus Freude an den Vögeln.» Zu den verschiedenen Kästen fährt er mit dem Velo und seinem Anhänger. «Ins Brünnenstübli nehme ich jedoch das Auto.»

Wenn Bruno Knobel erzählt, spürt man seine Freude. «Ich schreibe von jedem Kasten auf, ob er besetzt war, von welchem Vogel, wie lange und so weiter. Diese Listen sind sehr wichtig. Wenn nämlich ein Kasten lange Zeit leer bleibt, platziere ich ihn um oder ersetze ihn durch ein anderes Modell.» 

Darauf kommt es an

Bruno Knobel weiss genau, worauf es ankommt. Unter anderem auf die Grösse des Flugloches: «Ein 32er ist für die Kohlmeisen, ein 28er für die Blaumeisen und ein 35er für den Kleiber.» Neue Kästen zimmert er heute aus alten Paletten, «das ist saubere Ware.» Wichtig ist auch, an welchem Baum der Kasten angeschraubt wird. «Auf keinen Fall an einen mit glatter Rinde, wie bei der Buche. Da fliesst das Regenwasser der Rinde entlang in den Kasten hinein.» Bäume mit grober Borke sind ideal, Tanne oder Fichte. Auch soll man einen Kasten gegen Osten aufhängen, «denn bei uns kommt das schlechte Wetter meist vom Westen.» 

Trotz seines fachkundigen Engagements für optimale Nistkästen entdeckt er immer wieder solche, die weder Spatzen, Meisen noch Kleiber anlocken. In all den Jahren hat er viel ausprobiert und optimiert: den Abstand zwischen einzelnen Kästen vergrössert oder das Loch anstatt in die Front in die Seitenwand gebohrt. «Damit hatte ich beim Baumläufer Erfolg.» Seine neuste Optimierung dient dem Schutz vor Räubern: «Ich wickle die Baumstämme und den Nistkasten mit Brombeerstauden ein. So haben Marder und Katzen kaum eine Chance.»

Nachfolger gesucht

Das Überleben der Singvögel ist ihm sehr wichtig. «Die grössten Feinde von Singvögeln sind Katzen, Marder und Elstern.» Es seien nicht die Bauern, die zu früh mähten und mit ihren Monokulturen zum Verschwinden der Artenvielfalt beitragen, wie man es oft hören und lesen könne. Als Vogelliebhaber ist er auch kein Freund des Wolfes: «Der spürt Hühnervögel auf, wie Birk- und Auerhahn, Haselhuhn, Rebhuhn und so weiter.» Darum bittet er auch regelmässig die Hundehalter, ihre Lieblinge von April bis Ende Juni an die Leine zu nehmen, «in dieser Zeit brüten zahlreiche Vögel in Bodennähe.»

Nach 38 Jahren denkt Bruno Knobel nun an den nächsten Schritt. «Ich wäre glücklich, wenn ich einen Nachfolger einarbeiten könnte. Leider habe ich bisher niemanden gefunden.» Eines ist sicher: Auch ohne Nistkästen wird es dem quirligen Bruno nicht langweilig. Abwechslung findet er in der Musikgesellschaft Oberurnen. Und er spielt Alphorn, unter anderem im Schwimmgurt sitzend mitten auf verschiedenen Schweizer Seen. Aber das ist eine andere Geschichte. 
Fredy Bühler

 

 

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