Der zweite Teil der Mozärtlichen Klammer

Dirigent Christoph Kobelt und sein Sohn Moses Kobelt als Korrepetitor schenken dem Glarnerland mit dem Glarner Singverein zum Abschied ein aussergewöhnliches Konzert. (Foto: FJ)

Am Samstag, 4. November, spielte das Glarner Kammerorchester an seinem Sinfoniekonzert die 40. Sinfonie in g-moll von Wolfgang Amadeus Mozart, am nachsten Sonntag, 19. November, um 17 Uhr (Abendkasse ab 16.15 Uhr) verabschiedet sich der Glarner Singverein in der Stadtkirche mit Mozarts Requiem (Link zum Vorverkauf) von der Konzerttätigkeit – der FRIDOLIN gibt einen Überblick über zwei Wochen Intensivkultur und die Bedeutung von Vereinsarbeit.

Allein der letzte Samstag, 11. November, hatte es kulturell in sich – fünf Grossevents an einem Abend, bei dreien davon sind Vereine aus der Region aktiv. In Schwanden spielte das Ensemble «Harmonic Brass» auf Einladung des Kulturvereins Glarus Süd. In der Aula der Kantonsschule ging auf Einladung der Glarner Kulturgesellschaft mit Beat Schlatter die Post ab, während im Schützenhaus das Theater Glarus Schweizer machte. In der ­Rautiturnhalle Oberurnen wurde am Chränzli «Die verhängnisvolle Rose» verschenkt und im Linth-Escher Niederurnen unterhielt die Harmonie­musik Niederurnen-Ziegelbrücke ihre Gäste mit «Musig us dr Schwiiz». Umfangen wird dieses kulturelle Superwochenende von zwei klassischen Konzerten mit Mozart. Kunststück: der Kulturmonat November hat gerade mal vier Wochenenden, dann ist schon Advent. 

Anregung beiderseits

Weshalb also werden trotzdem internationale Blockbuster eingekauft, wo doch die Glarner Vereine selber Woche für Woche Hochkarätiges aufführen? Als Musiker gibt Christoph ­Kobelt darauf die einfache Antwort: «Die Zusammenarbeit mit national und international renommierten Künstlern inspiriert auch die Musiker im Glarnerland.» Deshalb etwa konzertierte das Glarner Kammerorchester – es wurde für das Konzert durch Profimusiker verstärkt – unter Reto Cuonz am letzten Samstag mit der gerade mal 24-jährigen Pianistin ­Fidelia Jiang, ein Zusammenspiel, von dem beide Seiten profitieren konnten. Und auch am Sonntagnachmittag in einer Woche werden in der Stadtkirche internationale Spezialisten auf dem Bassetthorn – wie ­Christian Leitherer und Jure Robek – sowie Solisten und Solistinnen wie Maria C. Schmid, David Munderloh und Aram Ohanian mit Musikern aus dem Glarnerland wie dem Organisten David Kobelt und der Altistin ­Schoschana Kobelt auftreten. 

Der tragende Verein

Hinter hochkarätigen Aufführungen im Glarnerland steht fast immer ein Verein, der dies alles trägt – wie etwa der Glarner Singverein. Während fast eines halben Jahrhunderts lernte dort eine ganze Generation von Männern und Frauen das Singen auf hohem Niveau und begeisterte mit Oratorien wie «Messiah», «Elias» oder der Uraufführung von «Canticum perpetuum» nach Liedern des Johannes Heer die Zuhörenden. Dabei verschrieb man sich der historischen Aufführungspraxis mit Instrumenten aus der jeweiligen Entstehungszeit der Werke, ja man gab sogar ein eigenes Liederbuch mit «Glarner Liedern» heraus, welche andere Chöre zum Singen motivierten. Dabei war es nie der Verein als Verein, der zählte, sondern immer das nächste Konzert. Denn Musiker wie Christoph Kobelt oder seine Söhne David und Moses und seine Tochter Schoschana sind auf Ensembles angewiesen, mit denen zusammen sie arbeiten können, und auf aktive Vereine, welche mit Begeisterung das kulturelle Leben mittragen.

Abschied und Neubeginn

Ob nun das Theater Glarus, wo unter anderem Schauspieler wie Roger ­Rhyner und Leopold Ramhapp ihre ersten Auftritte hatten, die Harmoniemusik Glarus, aus der Dirigent Mathias Elmer erwuchs, oder der Glarner Singverein, der fast 50 Jahre lang die musikalischen Arbeiten von Christoph und Moses Kobelt aufführte: ohne Vereine keine Basisarbeit und auch keine nationalen und internationalen Früchte. Die letzte Frucht vom Baum «Glarner Singverein» wird das Konzert mit dem Requiem von Mozart sowie mit Werken von Johann Bach, Johann Sebastian Bach und ­Johann Rosenmüller sein. Und auch dieses Konzert wird – wie alle davor – die Tiefe und den Reichtum dieser genialen Kompositionen ins Jetzt übertragen und sie für die Zuhörenden zu einem einmaligen Erlebnis machen. Selbst der genialste Komponist und die beste Theaterautorin sind wenig, wenn ihre Werke nicht aufgeführt werden. Insofern sind es die Vereine, welche nicht nur die Klammer zwischen Werk und Aufführung schaffen, sondern die Kultur überhaupt lebendig werden lassen. Und so stehen – auch nach dem Ende des Singvereins – die Chöre bereit, Singende aufzunehmen, ob Glarner Kammerchor oder Kantorei Niederurnen.
FJ

 

 

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