Wohin mit den Autos?

Das könnte bald Vergangenheit sein: Der Zaunplatz als grosser Parkplatz. (Foto: Fredy Bühler)

Mein Urgrossvater wohnte in einem Reihenhaus auf dem Zaunplatz. Heute gehört das Haus mir, und wie viele finde ich es schade, dass der Platz an den meisten Tagen des Jahres mit Autos vollgeparkt ist. Darum soll der «altehrwürdige Ort ein neues Gesicht erhalten … und autofrei werden», wie im Memorial zur Gemeindeversammlung vom 25. November steht.

«Seit Jahren spricht man davon, eine Tiefgarage unter dem Zaunplatz zu planen, auch um endlich und definitiv darüber befinden zu können», schreibt die IG Zaunplatz Tiefgarage auf ihrer Website. Die IG ist ein Zusammenschluss aus Gewerblern und Unternehmern, die einen Projektvorschlag erarbeitet haben, der den Zaunplatz «autofrei machen und sanft gestalten würde.» Die IG präsentiert einen Vorschlag: Eine einstöckige Tiefgarage. Das ist nicht einfach zu realisieren. Grundwasser, Notausgänge sowie die Ein- und Ausfahrten erfordern spezielle Massnahmen, heisst: Es wird teuer. Die IG rechnet mit Kosten von 9 Mio. Franken für die Tiefgarage mit 136 Parkplätzen, eingerechnet 1 Mio. Franken für Unvorhergesehenes. Die Gemeinde Glarus präsentiert im Memorial höhere Kosten: zwischen 13 und 17 Mio. Franken. Damit kostet ein einzelner Parkplatz laut IG 66 000 Franken, laut Gemeinderat zwischen 90 000 und 115 000 Franken.

Woher kommt dieser Unterschied? Hans Peter Spälti, Departementsvorsteher Bau und Versorgung: «Die Gemeinde hat in ihrer Berechnung die notwendigen Technik- und Bewirtschaftungsräume sowie die Befahrbarkeit und Parkplatzgeometrien gemäss VSS-Normen geplant. Und es sind teure geologische Abklärungen aufgrund der Grundwassersituation zu erstellen. Diese fehlen im Businessplan der IG.» Zudem sei die IG bei der Rentabilität optimistischer als die Gemeinde, deren Angaben sich auf die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2017 stützten.

Auswirkungen auf Gebäude und Werkleitungen
Die Auswirkungen auf Gebäude und Werkleitungen sind unklar, die Gemeinde rechnet mit erheblichen Kosten und Schäden. Dazu Beni Fasser, Präsident der IG: «Weil die Tiefgarage nicht tief eingegraben wird, ist kein Risiko für die benachbarten Liegenschaften zu erwarten. Ein Rissprotokoll würde Schäden dokumentieren, und die Bauherrschaft wäre für solche Schäden haftpflichtig.» Die Gemeinde hat Vorbehalte. Um überhaupt im Grundwasser bauen zu können, müsste ein Baugrubenabschluss installiert und wieder entfernt werden. Keine Bauherrschaft würde ein solches Risiko gratis tragen. Fasser wiederum sieht auch einen Gewinn: «Die Liegenschaften werden durch die Parkiermöglichkeit aufgewertet.»

Wenn auf und unter dem Zaunplatz keine Parkplätze sind, wo soll man dann parkieren? Der Gemeinderat hat zwei Alternativen berechnen lassen: Eine Tiefgarage mit 100 Plätzen auf dem Kasernenareal und 160 oder 250 Plätze beim Holzlagerplatz südlich des Bahnhofs. Gegen diese Parkplätze gibt es Vorbehalte: «Es wird nicht funktionieren, dass die Kunden der Geschäfte in Glarus zu den weit weg liegenden Parkplätzen […] mit den schweren Einkaufstaschen laufen», lautet ein Votum in der Vernehmlassung zur «Entwicklung öffentlicher Raum Innenstadt».

Hans Peter Spälti: «Beide Parkierungsanlagen sind zentrumsnah. Die Gehdistanz vom Zaunplatz zum Kasernenareal beträgt weniger als fünf Minuten, ebenfalls die Gehdistanz zum Holzlagerplatz vom Bahnhof.» Zudem würden kurze Gehdistanzen von Kundinnen und Kunden in Kauf genommen. «Das sieht man in Shopping-Städten wie Zürich und auch in kleinen Städten wie Rapperswil.»

Wie sehen das die Anwohner? Sabina Tschudi ist am Zaunplatz aufgewachsen und wohnt wieder hier. «Dass die Autos da sind, ist menschengemacht, sie zu verstecken, ist nur Kosmetik.» Deshalb ist für sie eine Tiefgarage unter dem Zaunplatz keine echte Lösung. «Aber ein autofreier Platz wäre toll.» Sie ist eher für ein Parkhaus, zum Beispiel beim Holzlager.

Das Engagement der IG hat dazu geführt, dass ein autofreier Zaunplatz konkret wird. Was, wenn die Stimmberechtigten dem Vorgehen des Gemeinderates zustimmen und damit eine Tiefgarage auf dem Zaunplatz vom Tisch ist? Fasser: «Dann ist es so, und wir freuen uns auf den autofreien Zaunplatz, der nach mehr als 600 Jahren der Landsgemeindetradition endlich wieder die Würde seiner Bestimmung erhält.»

Fredy Bühler

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