Frauenporträt Susanne Dürst: Konzentration auf das Positive

Susanne Dürst blickt zuversichtlich in die Zukunft. (Foto/Video: Fredy Bühler)

Wenn Susanne Dürst erzählt, versteht man sehr gut, weshalb es sich lohnt, seine Ziele nie aus den Augen zu verlieren. Ganz egal, welche Steine im Weg liegen oder welche Umwege verlangt werden. Heute blickt sie auf einen kurvenreichen Weg zurück und zuversichtlich in die Zukunft. Obwohl sie ihr Glück in einer Branche gefunden hat, die heftig unter den Folgen der Pandemie leidet.

«Meine Idee war ein Essenskurier mit Schweizer Küche», erzählt sie. «Hier im Glarnerland haben wir fast ausschliesslich Pizzakuriere und fertig. Aber man kann ja nicht nur von Pizza leben.» Um Ghackets und Hörnli mit Apfelmus, Geschnetzeltes oder Hackbraten zubereiten zu können, benötigte sie eine professionelle Küche. Eine, wo sie die zahlreichen Gerichte effizient kochen und auslaufsicher zum Transport verpacken kann. Sie hat eine gefunden, im Restaurant «National» in Näfels. «Tja, jetzt hängt halt ein Restaurant dran mit 115 Sitzplätzen, ein wunderschöner Garten mit 80 Sitzplätzen, eine Kegelbahn und fünf Hotelzimmer.» Der Essenskurier ist sozusagen über Nacht zu einem beachtlichen Gastrobetrieb gewachsen. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Am 1. November 2019 haben Susanne Dürst und ihr Team das «Nati» übernommen und während sechs Wochen sanft renoviert. Am 14. Dezember war es das erste Mal für die Öffentlichkeit geöffnet. Am 8. Januar 2020 fand dann die richtige Betriebsaufnahme statt. «Und im März mussten wir bereits wieder schliessen – Lockdown wegen Corona. Sechs Wochen lang. Danach kamen die vielen verschiedenen Massnahmen. Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern, was wir alles machen mussten. Zum Beispiel die Trennwände an den Tischen», sagt sie. Diese lässt sie immer noch stehen, «weil man ja nicht weiss, was noch kommen wird.»

Vom KV zur Unternehmerin
Ursprünglich hat Susanne Dürst eine kaufmännische Ausbildung in der Seidendruckerei in Mitlödi abgeschlossen. Erfahrungen in der Gastronomie sammelte sie bei diversen Saisonstellen und der Start in die Selbständigkeit begann mit einer Bar in Uznach und dem Gäsi-Beizli am Walensee. Heute ist sie Unternehmerin und führt ihr elfköpfiges Team durch die Pandemie. Das hört sich nach viel Verantwortung und strenger Arbeit an. Ausserdem erfordern Lockdown und all die anderen Einschränkungen mehr denn je, die Kasse im Blick zu behalten. «Die Lohnkosten halten wir so tief wie möglich.» Konkret heisst das unter anderem: Das Servicepersonal ist in Kurzarbeit und es gibt kein Frühstück für die Hotelgäste. Letzteres sei aber kein Problem: «Wir haben vor allem Langzeitmieter.» Diese Gäste bekommen in der nahegelegenen Bäckerei Gipfeli und Kaffee und sie benötigen auch nicht jeden Tag ein frisches Frottiertuch. So geht die Rechnung trotz Einschränkungen beinahe auf: «Die belegten Hotelzimmer tragen dazu bei, die Fixkosten zu bezahlen.» Und Susanne Dürst packt selber mit an: «Ich arbeite zwischen neun und zwölf, manchmal auch 16 Stunden.» Ihr Einsatz hilft, die Personalkosten tief zu halten. «Damit unser Betrieb überleben kann.» Auch der Kurierdienst hat geholfen, im Lockdown zu überleben: «Corona hat unseren Dienst sogar befeuert», ergänzt sie. Glück im Unglück.

Glück allein reicht aber selten zum Erfolg. Viel erfolgsversprechender sind Hartnäckigkeit und wenn man aus Fehlern lernt. «Wir mussten mehrmals ausprobieren, zum Beispiel wie gross die Transportbox sein muss, damit die Pommes in der von uns gewünschten Qualität beim Kunden ankommen.» Und mit welcher Technik sie die Lebensmittelbehälter verschweissen müssen, damit keine Sauce ausläuft. Dazu kommt das Timing: Wie fährt der Kurier die Touren, damit er das Essen an der Haustüre warm übergeben kann? Manchmal aber hat man das Steuer nicht in der Hand. «Plötzlich gab es beim Bahnhof Näfels ein Lichtsignal, wo die Kuriere auf Grün warten mussten», erzählt Susanne. Dann passten die sorgfältig geplanten Fahrten nicht mehr. Auch für das Cordonbleu-Festival und die Indische Küche hat Susanne Dürst ausgelotet, welches Potential in welchem Angebot steckt. Und dabei stets dazugelernt, Anpassungen gemacht, optimiert. «Das wird immer ein Lernprozess bleiben.» Genauso stetig wie sich der Geschmack der Gäste ändert.

Neue Kunden ansprechen
Baut sie mit dem Hauslieferdienst nicht eine Konkurrenz zu ihrem Restaurant auf? Wenn ich zu Hause das gleiche Essen bekomme wie im Restaurant, wieso soll ich dann ins Restaurant gehen? Darin sieht Susanne Dürst keine Gefahr: «Leute, die vorher nicht auswärts essen gingen, gehen auch in Zukunft nicht.» Im Gegenteil: Mit einem guten Kurierservice könne sie neue Kunden gewinnen. Dazu betont sie: «Wichtig ist, dass die Kunden telefonisch bestellen. So entfallen die Provisionen, die alle Kurierdienste an Vermittlerplattformen bezahlen.»

Und wie stellt man es an, in der Vielzahl aller Gastrobetriebe aufzufallen und den Gästen in guter Erinnerung zu bleiben? «Mit Qualität», davon ist sie überzeugt. «Bis anhin konnten wir mit unserer Küche einen guten Ruf aufbauen. Ob das langfristig Früchte tragen wird, wird sich zeigen, wenn die Einschränkungen verschwinden.»

Das sind aktuell die grössten Steine, die auf ihrem Weg liegen. «Als am 1. Februar viele Zertifikate plötzlich nicht mehr gültig waren, haben wir das gemerkt», sagt sie. Einerseits seien weniger Gäste gekommen, andererseits habe sie Gäste nach Hause schicken müssen. Dank den Lockerungen sieht sie jetzt Licht am Ende des Tunnels. «Und darauf will ich mich konzentrieren.»

Was treibt sie an? «Die Freude am Job». Diese Freude spürt man. Auch wenn sie von ihren Ideen erzählt. «Ich plane ein indisches Buffet, wo man verschiedene indische Gerichte probieren kann. So muss man nicht ein ganzes Menü bestellen.» Eine andere Idee ist Crowdfunding. «Wir brauchen dringend neue Gartenmöbel. Während Corona konnten wir aber nicht genug Geld verdienen, um jetzt solche Investitionen zu tätigen. Wer mitmacht, bekommt einmal im Jahr ein Cordonbleu gratis. Oder sein Name steht auf dem Stuhl.» An dieser Idee muss sie zwar noch feilen, wie sie sagt. Aber ihre Begeisterung macht klar, dass sie auch das umsetzen wird. In Kürze ist ihr Projekt auf der Plattform www.wemakeit.com online.

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