Hinschauen lohnt sich

Auf Ausgaben verzichten und finanziell Prioritäten setzen: Das Rezept von Landammann Benjamin Mühlemann ist einfach, kann aber weh tun. (Foto: FJ)

Es ist seit 2004 die erste Jahresrechnung mit negativem Gesamtergebnis. 2019 betrug das Nettovermögen noch 218,3 Mio. Franken, innerhalb von vier Jahren schwand es um fast 100 Mio. Franken. Der FRIDOLIN sprach mit Finanzdirektor Landammann Benjamin Mühlemann.

5,7 Mio. Franken war der Verlust in der Jahresrechnung 2023. Doch wie kam es zur ersten Minus-Rechnung des Kantons seit 20 Jahren? Schon länger hatte Landammann Benjamin Mühlemann vor Roten Zahlen gewarnt, wie es seine Rolle als Finanzdirektor ist: «Das zeichnete sich wirklich ab, doch die Politik hat das leider ignoriert und mit einem müden Lächeln zur Seite gewischt. Ein Stück weit nachvollziehbar, denn wenn man über 20 Jahre immer positiv abschliesst, entsteht das Gefühl: Wir können uns alles leisten. Leider ist dem einfach nicht so.»

Die üblichen Verdächtigen?
Generell weiss man, dass die Gesundheitskosten, die soziale Wohlfahrt und die Bildung die grössten «Löcher» in die Kasse reissen. Da die Gesellschaft älter wird, wachsen die Kosten von Spitalbehandlungen und bei der Langzeitpflege. Zudem soll der Kanton immer neue Aufgaben bewältigen, wodurch die Personalkosten steigen. Und: «In der Jahresrechnung 2023 schlagen die Wertberichtigungen beim Kantonsspital mit 6,8 Mio. Franken zu Buche. Auch die Aktie der Glarner Kantonalbank stand am Jahresende tiefer. Die Axpo hat zwar den Rettungsschirm nicht gezogen, trotzdem kamen von dort keine Dividenden. Die SNB-Ausschüttungen – das sind im Schnitt 6 bis 7 Mio. Franken – fielen weg und werden wohl weiterhin wegfallen. Zudem ist auch der Kanton von der Teuerung betroffen, etwa bei den Energie­kosten.»

«Was mich fuchst ...»
Mit der negativen Rechnung habe er rechnen müssen, so Mühlemann, obwohl er das lieber anders gehabt hätte. «Aber nicht, weil ich das als persönlichen Misserfolg empfinde. Vielmehr fuchst es mich, das so übergeben zu müssen. Denn ich würde gerne mitarbeiten, um das zu korrigieren. Der Regierungsrat muss und wird jetzt ein Entlastungspaket angehen, dabei jede einzelne Aufgabe hinterfragen und Sparpotenzial ausloten. Der Kanton Glarus ist zum Glück nach wie vor in einer soliden Ausgangslage, denn wir haben immer noch ein Nettovermögen. Davon können wir aber nicht ewig zehren. Wenn es aufgebraucht ist, dann droht die Schuldenspirale. Deshalb jetzt handeln, bevor es zu spät ist.»

Mehr einnehmen, weniger ausgeben
Gibt es denn Orte, wo man die Einnahmen steigern kann? «Die gibt es, bei den Steuern», so Mühlemann. «Aber nicht durch Steuererhöhungen. Vielmehr muss die Politik eine gute Basis zum Leben und Arbeiten im Kanton schaffen, daraus ergibt sich dann automatisch ein wachsendes Steuersubstrat. Wir müssen dafür sorgen, dass sich der Kanton entwickelt, anstatt ihn mit neuer Bürokratie oder Verboten zu lähmen. Dann sprudeln auch die Steuern.» In Sachen Gebühren gelte es, vermehrt auf das Verursacherprinzip zu setzen. Natürlich gab und gibt es auch grosse Ausgaben. Es ist müssig, zu fragen, ob sie aus heutiger Sicht noch Sinn ergeben. «Wichtig ist, bei jeder Idee zu hinterfragen, ob etwas eine Staatsaufgabe ist oder nicht. Wir haben nun das Entlastungspaket aufgegleist, alle Departemente schauen sich jede einzelne Ausgabe an. Der neu zusammengesetzte Regierungsrat wird im Sommer prüfen, worauf verzichtet werden soll.» Mühlemanns «Spartipp» an die Nachfolger: «Bei allen Geschäften mit finanziellen Auswirkungen hartnäckig und konsequent darauf schauen, dass das Gremium mit vollem Bewusstsein für die finanziellen Folgen auf einer fundierten Basis entscheiden kann – nicht, dass man ins Blaue hinaus entscheidet wie etwa bei der 13. AHV-Rente am Sonntag, 3. März. Jetzt müssen wir im Bundesparlament 4 Mrd. für die Finanzierung suchen.»

Sparmentalität entwickeln
Beim Kantonsspital, so Mühlemann, habe der Verwaltungsrat diverse Massnahmen ergriffen, um 2025 wieder positiv zu sein. «Eine flexiblere Strategie bei den Betten, Personal abbauen, mit Partnerspitälern kooperieren.» Doch ob weiter ein Spital oder doch lieber eine zweite Braunwaldbahn – letztlich entscheiden das die Mitlandleute. «Es braucht bei allen das Bewusstsein, dass wir ein kleiner Kanton mit beschränkten Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten sind», so Mühlemann. «Schulden machen ist die schlechteste Idee. Bei allen Vorhaben muss man prüfen: Können wir uns das leisten? Kann die Gesellschaft damit umgehen? Wie wirkt sich das auf die Umwelt aus? Wer dieses Dreigestirn der Nachhaltigkeit in die Balance bringt, findet Mehrheiten.»

FJ

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