Eine Nacht lang unterwegs für die perfekte Piste

Die «PistenBully»-Fahrer (von links) Hans Elmer, Werner Elmer, Dominic Rhyner, Hansjürg Elmer, Stefan Fässler und Stefan Rhyner. (Foto: Søren Ehlers)

Wenn Ski-, Snowboard- und Schlittelfans morgens auf die Piste strömen, war zuvor eine Flotte von Pistenfahrzeugen eine Nacht lang unterwegs. Ihr Ziel: nichts weniger als die perfekte Piste für die Gäste zu präparieren. Und das Nacht für Nacht. Es ist ein grosser Aufwand, damit die Gäste zufrieden sind und ihr Unfallrisiko klein gehalten wird.

Stellen Sie sich vor, Sie gehören morgens zu den Ersten auf dem Sessellift und steigen oben aus. Vor Ihren Augen liegt eine verschneite Berglandschaft und unter Ihrem Snowboard knirscht der Schnee. Sie fahren los und düsen über die Rillen der frisch präparierten Piste. Der Schnee ist fest, griffig und doch nicht eisig. Genau deswegen sind Sie hierhergekommen. Vielleicht jauchzen Sie Ihre Freude in die kalte Bergluft hinaus. Juuuhuhuu!

Die Pistenfahrzeugflotte
Woran Sie in diesem Moment vermutlich nicht denken: Am Vorabend hat sich eine Flotte von Pistenfahrzeugen auf den Weg gemacht und ist mindestens die halbe Nacht unterwegs gewesen. Die Fahrer leisten Nacht für Nacht konzentrierte Arbeit. Damit gehören sie zu den vielen unsichtbaren Helden des Alltags beziehungsweise den Helden der Nacht.

In allen Skigebieten wird viel Aufwand getrieben für die perfekte Piste. Stellvertretend für diese unzähligen Arbeiter besuchte der FRIDOLIN die Pistenfahrzeug-Mannschaft der Sportbahnen Elm und durfte auch mit ins Cockpit steigen. Die Sportbahnen besitzen sechs Fahrzeuge der Marke «PistenBully». Drei grosse (die «600er»), zwei «400er» und einen «100er». Der «600er» kostet neu  600 000 Franken, leistet 461 PS und wiegt zirka 13,5 Tonnen. Die sechs Fahrer sind eine Nacht lang unterwegs, die perfekte Herrichtung der Piste kostet pro Skitag zirka 10 000 Franken.

Nach der Pistenkontrolle gehtʼs los
Um halb fünf werden die Pistenfahrzeuge – tipptopp geputzt, es soll kein Dreck auf die Piste gelangen – aus der Garage geholt. Dann kommt die Meldung per Funk, dass die letzte Pistenkontrolle gemacht ist und man aufbrechen kann in die Einsatzgebiete. Hansjürg Elmer nimmt Platz im Cockpit eines «600ers». Man kommt sich darin fast vor wie im Kommandoraum des Raumschiffs «Enterprise»: Zwei grosse Displays zeigen alle steuerbaren Teile und Werkzeuge der Maschine an und geben Informationen zu Temperatur und Hangneigung. Elmer steuert hinauf bis zur Bergstation Schabell. Er beginnt in diesem oberen Teil mit dem Präparieren, derweil seine Kollegen die anderen Abschnitte bearbeiten.

Obwohl das Gerät inklusive der schweren Seilwinde zirka 13,5 Tonnen wiegt, sinkt es nicht ein im Schnee. Das Gewicht verteilt sich auf der grossen Raupenfläche. Das bedeutet aber auch, dass es nur mit den Gewicht alleine nicht möglich ist, den Schnee wie gewünscht zu formen. Frühere Maschinen zogen einfach eine schwere Platte hinterher («Ein Glettibrett», wie ein anderer Fahrer sagt) und konnten die Schneeoberfläche lediglich glätten. Heute drücken die Maschinen ein komplexes Werkzeug auf den Schnee, welches die obere Schicht fräsen und modellieren kann. Erst so ist es möglich, die typischen tiefen Rillen in den Schnee zu bringen. Oben angekommen, steigt Hansjürg Elmer aus und hängt das Drahtseil der Seilwinde an einen fest im Boden verankerten Haken.

Schnee schieben und Pisten modellieren
Dann geht’s steil die Piste hinab, 32 Grad Hangneigung zeigt das Display an. Ein paar Hundert Meter weiter unten wendet Elmer das Gerät und beginnt nun, tonnenweise Schnee den Hang hinaufzuschieben. Ohne Seilwinde, die jetzt mit drei Tonnen Kraft das Fahrzeug nach oben zieht, wäre das nicht möglich. Die vielen Skifahrer schieben den Schnee dann morgen wieder hinunter. Ebenso verursacht das Skifahren unzählige ­Buckel und Rinnen. Die Pistenfahrzeugführer müssen das Gelände perfekt kennen, damit sie diese wieder ausgleichen können, indem sie Schneebüchel abfräsen und Löcher auffüllen, ohne den Boden zu beschädigen.

Die Helden der Nacht
Jeder der Fahrer arbeitet sechs Nächte pro Woche eine Wintersaison lang. Meistens dauert die Arbeit von halb fünf nachmittags bis nachts um halb zwei. Wenn es jedoch schneit, rücken sie manchmal erst morgens um drei aus und präparieren bis kurz vor Pistenöffnung. Die ganze Nacht alleine unterwegs zu sein, manchmal beobachtet von einem Fuchs oder einer Gämse, macht das Freude? Die Antwort ist ein zufriedenes Lächeln. «PistenBully»-Fahrer war für alle ein Bubentraum.

Wenn Sie also das nächste Mal über die Piste sausen, sei es in Elm oder an einem anderen Ort, fällt Ihnen bestimmt wieder ein, was in der Nacht zuvor für Sie geleistet wurde.

Søren Ehlers

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