Neue Ausstellung im Kunsthaus Glarus

Das Kollektiv «Tunnel» bereitet den Seitenlichtsaal für vier Konzerte vor. Am Samstag, 2. Dezember, findet das erste statt. (Foto: Delia Landolt)

Zur neuen Ausstellung im Kunsthaus Glarus kommt eine junge Community zusammen, die mehr will als Bilder ausstellen. Ob das mit der Offenheit von Direktorin Melanie Ohnemus zu tun hat? Jedenfalls ist sie mitverantwortlich, dass das Kollektiv «Tunnel» vier Konzerte im Seitenlichtsaal veranstaltet.

Unter der Treppe liegt eine gehäkelte Pringles-Packung in Übergrösse, stoffige Chips purzeln heraus. Das Kunsthaus ist in Aufbaustimmung, überall stehen Bilder an den Wänden, die noch auf eine Handvoll Nägel warten. Nur im Seitenlichtsaal werden keine Bilder aufgehängt – was schon wegen der zwei Glasfronten schwierig ist –, sondern schwarze Vorhänge. Es wird abgedunkelt, der Boden mit Teppich belegt. In der Mitte: eine drehbare Bar. Davon steht erst ein altes, weisses Möbel auf Rädern.

Bewegung zwischen den Werken
Seit 2019 organisiert das Kollektiv «Tunnel» auf dem Holenstein-Areal Konzerte. Im Frühling 2023 lud Direktorin Melanie Ohnemus dieses Kollektiv ein, zur neuen Ausstellung «Kunstschaffen Glarus M-Z» den Seitenlichtsaal zu bespielen. Grundsätzlich können alle Glarner und Glarnerinnen ihre Werke für drei Monate hier im Volksgarten ausstellen. Am Samstag, 2. Dezember, ist Eröffnung. Performances sind für das Kunsthaus-Team besonders spannend, da sie Leben und Bewegung zwischen die statischen Werke bringen. Mit dem «Tunnel» holt das Kunsthaus subkulturelle Elemente in sein etabliertes Umfeld. Damit ziehen neue Ausstellungsformate ein, was bestimmt auch ein Ausdruck von Melanie Ohnemus ist. Sie macht die Vielfalt sichtbar und bringt die lokal aktiven Menschen in der Kulturszene zusammen», findet Architektin und Industriedesignerin Myriam Marti, die ebenfalls mit einer Performance Teil der Ausstellung sein wird.

Feuer-Philosophie
Zu sehen ist zwar erst ein Aschenbecher mit einer verglühten Zigarette, denn an den Masken tüftelt Myriam Marti noch. Sie werden aus Tonkeramik und verkohltem Holz «in einem feurigen Prozess entstehen.» Die Kostüme entwarf die Glarner Modedesignerin Mara Danz passend zur Performance, welche Feuer-Brauchtum – wie das Schybefleugen oder das Fridlisfüür –  beleuchtet, bis hin zum Fakt, dass Kinder dort rauchen. Das gebe es, so Marti, auch im Kanton Schwyz, wo Performance-Partner Gregory Tara Hari aufwuchs. Er schreibt innere Monologe, wo er über loderndes Brauchtum und das Symbol «Feuer» nachdenkt, welches für gute Gemeinschaft und Zeremonien steht, ebenso wie für Religion oder schweizerische Identität. Eine Woche vor der Eröffnung wird jetzt geprobt.

Stammpublikum austauschen
Gleichzeitg erklärt Tomas Baumgartner vom Kollektiv «Tunnel»: «Wir haben einen groben Plan – die Bühnen sind aber noch am Entstehen.» Zusammen mit Sämi Ortlieb und Simon Scherrer kreiert er vier Bühnen mit vier Lichtkonzepten für vier Bands. Die erste wird an der Eröffnung von Selina Brenner bespielt – ein vielseitiger Soloauftritt mit Live-Elektronik, Tanz und Gesang. «Das Kunsthaus gibt uns die Möglichkeit, unser Stammpublikum auszutauschen», erklärt Baumgartner. «Der Fokus ist anders, hier können wir experimentieren, weil es nicht klassisch Ausgang ist», sagt Ortlieb. «Man kann sich hinsetzen, sich auf die Musik einlassen, still sein – muss aber nicht», ergänzt Scherrer. Am Konzert von Samstag, 16. Dezember, mit Impro-Drummer Julian Sartorius wird die Feuer-Performance von Myriam Marti & Gregory Tara Hari gezeigt. Anschliessend trommelt sich Sartorius in ei­nem Soundwalk Richtung Holenstein-Areal zur Club-Nacht ins «Tunnel».

Spielerisch ohne Standards
Aus dem Tunnel x Kunsthaus-Programm sticht speziell das Improvisa­tions-Jazz-Konzert mit der Kinderband Frächdachs vom Sonntag, 14. Januar, heraus. Scherrer kennt die Band aus Basel, wo er sie als Tontechniker abmischte. «Kinder sind viel offener für Experimentierfreudiges, sie gehen spielerischer mit der Musik um und sind noch nicht so sehr in Standards verhaftet wie wir.» Im Projekt Kunsthaus ist Scherrer für Bands, Technik und Tonaufnahmen zuständig, Ortlieb für Videoaufnahmen, Baumgartner für Grafik und Raumgestaltung. Nach dem Konzert kann die Performance auf einem Bildschirm immer wieder angeschaut und angehört werden. Am Frächdachs-Kinderkonzert wird es ausserdem eine Sirup-Bar geben und Myriam Martis Performance gibt es ausschliesslich live. Es bleibt nur ein Aschenbecher mit einer verglühten ­Zigarette im Kunsthaus – neben einer offenen Pringles-Packung, Schweisser-Arbeiten und einer Menge Öl auf ­Leinwand. Alles zu den Konzerten: tunnel-glarus.ch 

Delia Landolt

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