Interessante Glarner: Beat Rappo - Ein Leben in der Spur

Beat Rappo im Führerstand der Re 450. (Foto: Søren Ehlers)

«Ein Leben auf der Überholspur» wäre ebenfalls ein passender Titel für das Porträt des Näfelsers Beat Rappo, denn er hat in seinem Leben sehr viel erreicht dank seines grossen Tatendrangs. Er ist, neben vielen anderen Aufgaben, Lokomotivführer bei der SBB. Sicher in der Spur zu sein, ist für ihn entscheidend.

Bahnhof Schwanden, Gleis 2, Zugnummer 20523, Abfahrt 07.59 Uhr. Alle Bahnpassagiere sind im Zug, das Signal ist offen. Beat Rappo wählt die Leistung und die zu erreichende Geschwindigkeit vor. Sanft fährt die 288 Tonnen schwere, 100 Meter lange Zugskomposition an. Beat Rappo hat diverse Anzeigen im Blick, ist voll konzentriert und trotzdem entspannt. «Entspannt und fit zu sein, ist enorm wichtig für einen Lokführer», sagt Beat Rappo. «Die Berücksichtigung menschlicher Faktoren wie Müdigkeit, Ablenkung, Wegdriften, Überlastung und Unterforderung gehören zum Führen eines Zuges. Deswegen gibt es genau festgelegte Prozesse, wie das abzulaufen hat.» Als Leiter verschiedener Projekte bei der SBB kann Beat Rappo bei der Entwicklung dieser Prozesse mitwirken. «Gerade beim Einbezug der Digitalisierung ist es mir sehr wichtig, dass die Lokführer jederzeit eingebunden sind und ihre Erfahrungen einbringen können.»

Näfels, Jules
Beat Rappo ist in Näfels aufgewachsen. Skifahren war und ist seine Leidenschaft. Sein Götti Jules Landolt nahm ihn schon früh mit auf die Piste. «Ich durfte viel Zeit mit ihm verbringen und er war ein wichtiger Mensch in meinem Leben.» Jules Landolt wurde schon mit 29 Jahren Mitglied des Landrates, welchem er 27 Jahre lang angehörte. Ab 1986 war er Regierungsrat und von 1990 bis 1994 Landammann. «Er war unglaublich aktiv und hat vieles gemacht. Ich habe viel von ihm gelernt, gerade wenn es darum ging, etwas Grosses in Angriff zu nehmen. Ich habe es heute noch in den Ohren, wie er in solchen Situationen einfach sagte: ‹Drauf!›»

Bei der Netstal Maschinen AG absolvierte Beat Rappo die Lehre als Mechaniker (heute Polymechaniker).

Zürich
Anschliessend begann er, 21-jährig, in Zürich die Ausbildung zum Lokführer. Er wurde bald Ausbildungslokführer. «Die Ausbildungstätigkeit gefällt mir sehr, denn der Transfer von der Theorie in die Praxis und das Weitergeben von Wissen haben mich schon immer interessiert.» Das ständige Sich-Weiterentwickeln scheint Beat Rappo im Blut zu haben. Er wurde Chef Lokpersonal und bildete sich zum Führungsfachmann mit eidg. Fachausweis aus. Später erlangte er an der Uni Bern den «Master of General Management». «Ich stehe gerne vor Leuten und in der Öffentlichkeit. Auch das ist etwas, das ich bei meinem Götti gesehen und gelernt habe.»

Ebenfalls ein grosses Projekt war für Beat Rappo die Leitung von «Optimierung Zugführung Personenverkehr» bei der SBB. Bei der Optimierung wird die Technik «Kaizen» angewendet, das bedeutet «Veränderung zum Besseren». Es ging darum, die ganzen Abläufe rund um das Führen eines Zuges ständig zu verbessern. «Dazu gehört, aus Fehlern und manchmal auch Ereignissen zu lernen. Mir ist es wichtig, genau hinzuschauen und die Verbesserungen umzusetzen.»

Europa
Beat Rappo hat viele Erfolge aufzuweisen. Woran liegt das? «Ich arbeite sehr gerne, liebe es, Neues zu lernen und habe keine Angst davor, auf die Nase zu fallen, was halt manchmal dazugehört. Und das ‹Drauf!› meines Göttis begleitet mich durchs Leben.»

Gab es auch Misserfolge? «Ich war drei Jahre lang Projektleiter bei ‹smartrail 4.0›. Dabei ging es darum, in den nächsten zwanzig Jahren den allgemeinen technischen Fortschritt auch im Bahnverkehr zu nutzen. Das war eine komplexe Sache, weil alles auch auf die internationalen Entwicklungen abgestimmt werden musste. Dieses Projekt wurde leider eingestellt. Misserfolge gehören gerade bei Zukunfts-Projekten einfach dazu und als Projektleiter muss ich damit umgehen können. Eines ist klar: Die Zukunft kommt sowieso - manchmal einfach etwas weniger schnell.»

Spannende Projekte gibt es für Beat Rappo jedoch weiterhin. Aktuell ist er Projektleiter bei der Geschäfts­steuerung von «Infrastruktur, SBB Infrastruktur, Netzdesign, Anlagen und Technologie». «Unter anderem entwickeln wir die Prozesse für ferngesteuerte Züge. Dabei sitzt der Lokführer nicht im Zug, sondern steuert diesen aus einem Kontrollraum heraus.»

Glarnerland
Die Verbindung zum Glarnerland hält Beat Rappo aufrecht. «Ich bin immer noch Mitglied im Skiclub Näfels, arbeite als Skilehrer und bin Aktuar der Segelfluggruppe Schänis. Von meiner Wohnung in Schafisheim AG aus sehe ich den Tödi!» Neben seiner Projekttätigkeit arbeitet Beat Rappo weiterhin als Lokführer. «Die in der Dispo wissen, dass ich gerne ins Glarnerland fahre, deshalb werde ich mehrmals pro Jahr für diese Strecke eingeteilt.»

Es ist 08.59 Uhr, Beat Rappo fährt weiter in Richtung Zürich. Zum Abschied lässt er die Zugpfeife ertönen und grüsst damit hinüber zum ­FRIDOLIN-Verlagsgebäude. Danke für das spannende Gespräch, Beat Rappo.

Søren Ehlers

Interessante Heimwehglarnerinnen und- glarner
Der FRIDOLIN porträtiert in loser Folge Menschen, die im Glarnerland aufgewachsen sind und «auswärts» etwas Besonderes erreicht haben, an einem spannenden Projekt arbeiten oder einer aussergewöhnlichen Tätigkeit nachgehen. Es sind Interviews mit Glarnerinnen und Glarnern, die aktuell nicht mehr hier im Tal leben, aber eine aktive Beziehung mit dem Glarnerland pflegen. Die Gespräche werden an ihrem Arbeitsplatz oder Lebensort geführt.

Das Gespräch mit Beat Rappo eröffnet die Reihe «Interessante Heimwehglarnerinnen und -glarner.»

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