Erfolgreicher Wechsel

Karl Flammer (links) übergibt das Geschäft seinem Sohn Patrick (Mitte). Dieser führt die erfolgreiche Geschichte der Autogarage zusammen mit seiner Mutter Yvonne, Premtim Berisha und Christian Zimmermann (rechts) weiter. (Foto/Video: Ruedi Kuchen)

Nach 36 Jahren übergibt Karl Flammer das Geschäft seinem Sohn Patrick. Dem FRIDOLIN haben die beiden erzählt, wie sie diese Übergabe angepackt und umgesetzt haben. Und Patrick sagt, wie er seine Zukunft in der Autobranche sieht.

Alles begann am 1. Januar 1987. Karl Flammer kauft J. Goos die Garage im Buchholz ab. Die Firma war heruntergewirtschaftet, erzählt er. «Keiner der wenigen Mitarbeiter war für einen Neustart zu motivieren.» Einzig drei Lehrlinge, die habe er weiter beschäftigt, weil sie kurz vor der Abschlussprüfung standen. Und er hatte volle Rückendeckung bei Opel.

Die Autogarage führte er unter dem Namen Karl Flammer, Autocenter, wo er zu Beginn ausschliesslich Opel verkaufte und reparierte. Das tat er so erfolgreich, dass er acht Jahre später in einem einzigen Jahr 220 neue Autos ausliefern konnte. Doch die Langzeitprognosen für Opel zeigten leider nicht nach oben. Karl Flammer erkannte, dass er mit Opel allein nicht ausreichend Umsatz erwirtschaften konnte. Deshalb erweiterte er im Jahre 2005 sein Angebot mit Suzuki. «Einerseits weil diese Allrad hatten, andererseits weil sie die Palette von Opel gut ergänzten.» Vor zehn Jahren erneuerte er den Showroom. Jetzt mit 65 Jahren übergibt er sein gesundes Unternehmen seinem Sohn Patrick. Seit dem 1. Januar führt Patrick Flammer die Garage unter dem Namen Flammer Glarus AG.

Ein freier Entscheid
Obwohl Patrick «Benzin im Blut» hat, wie er sagt, war es nicht selbstverständlich, dass er die Firma übernehmen würde. Seine berufliche Laufbahn begann er nach der Matura an der Hochschule in Sankt Gallen, wo er Betriebswirtschaft studierte. Für Vater Karl war klar: «Wenn ich 60 Jahre alt werde, möchte ich wissen, ob Patrick das Geschäft übernehmen möchte.» Karl wollte seine Nachfolge rechtzeitig geregelt haben. Entschieden hat sich Patrick vorher, ohne Druck: «Das war mein freier Entscheid.» Nach seinem Studium arbeitete er bei Suzuki Schweiz. «Geplant war ein Praktikum für drei Monate. Geblieben bin ich zweieinhalb Jahre.» Danach wechselte er zum Vater ins Buchholz. «Wir ergänzen uns sehr gut», sagt Karl. «Ich bin der ‹Schrauber›, Patrick der Denker.» Früher hat die Arbeit einer Autogarage vorwiegend am Auto stattgefunden, heute haben administrative Arbeiten grosse Bedeutung. «Das bestimmt, wie man eine Autogarage führen muss», sagt Karl. Er bringt seine Erfahrungen ein, Patrick seine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse.

40 Jahre Erfahrung
«Zusätzlich habe ich eine spezifische Ausbildung zum Betriebswirt im Automobilgewerbe abgeschlossen», erzählt Patrick. Damit habe er auch sein Netzwerk erweitert, das er bei Suzuki aufbauen konnte. Wie Herausforderungen im eigenen Betrieb gemeistert werden, konnte er von klein auf zu Hause miterleben. «Ich lernte, wie man Mitarbeiter führt oder wie man mit Kunden spricht. Alles Dinge, die man an der Hochschule so praxisnah nicht lernt. Mein Vater hat über 40 Jahre Erfahrung, das ist unbezahlbar, das kriegt man in keiner Ausbildung», so Patrick. Karl: «Nach seiner Entscheidung hatten wir fünf Jahre Zeit für die Übergabe.» Patrick ist ins Geschäft hineingewachsen.

Karls frühzeitige Planung und Patricks freier Entscheid bilden für die Mitarbeitenden offenbar eine vertrauenswürdige Basis. «Sie bleiben alle», sagt ­Patrick. Ebenso wird seine Mutter weiterhin im Geschäft tätig sein. Zwei Mitarbeiter sind im Verwaltungsrat seiner neuen Aktiengesellschaft. Lieferanten, Partner sowie Banken hätten sein Engagement mit Freude zur Kenntnis genommen. Kunden sind persönlich und per Brief über die Übergabe informiert worden. Durchwegs mit positivem Echo, wie Karl erzählt: «So viele handgeschriebene Antworten und E-Mails und Anrufe auf unseren Brief habe ich nicht erwartet.»

Jetzt trägt Patrick Flammer die Verantwortung für ein Dutzend Mitarbeitende. Notabene in einer Zeit mit vielen Unsicherheiten. Auch die Autobranche kämpft mit Fachkräftemangel, die Digitalisierung krempelt Abläufe um. Dazu gibt es weiterhin Lieferschwierigkeiten bei Neuwagen und Ersatzteilen sowie einen klaren Trend hin zu neuen Technologien und verändertem Nutzerverhalten. Wie wird Jungunternehmer Patrick diesen Herausforderungen begegnen?

Der Blick in die Zukunft
«Ich werde weiterhin Lehrlinge ausbilden.» Das sei die beste Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Bei den Lieferschwierigkeiten komme ihm entgegen, dass diese in ­allen Branchen ein Thema seien. «Dadurch ist das Verständnis bei den Kunden für unsere Situation vorhanden.» In der Digitalisierung sieht er Chancen, um Arbeiten am Auto und Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten sowie die Kommunikation mit Kunden und Lieferanten zu vereinfachen.

Grosse Aufmerksamkeit richtet Patrick auf die Absichten der Autohersteller. «Sie wollen immer stärker ein Agenturmodell etablieren.» Damit würden Garagen in ihren Dienstleistungen auf Beratung und Ausliefern reduziert. «Das bedeutet für uns tiefere Margen.» Nur der Unterhalt und die Reparaturen würden bleiben, aber stark verteuert. Für ein Geschäft, bei dem die Bedürfnisse der Kunden sehr individuell und deswegen die Betreuung zentral sind, ist das keine gute Perspektive. Wir alle wissen: Unser Auto ist mehr als ein Gebrauchsgegenstand. Diese kostspielige Anschaffung soll möglichst lange und zuverlässig seinen Dienst leisten. Das ermöglichen kompetente Mechaniker und Mechanikerinnen. Noch seien viele Fragen offen.

Im Buchholz ist die Flammer Glarus AG gut gestartet. Im 2023 wird das Angebot sogar noch erweitert. Weil ­Patrick Flammer den Mut hat, Verantwortung zu übernehmen. Und weil Karl Flammer diesen Mut mit seinen Erfahrungen unterstützt.

Fredy Bühler

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