Aufstehen als Credo

Gelungener Saisoneinstand: Silvio Weber (hintere Reihe, dritter von rechts) gewann mit Pilot Michael Vogt (links neben ihm) im Zweier am North American Cup am Mittwoch, 9. November. (Foto: zvg)

Silvio Weber hatte eine bewegte Saison hinter sich. Nach einigen Verletzungen kämpfte er sich zurück und durfte lange auf eine Olympiateilnahme hoffen. Am Ende war er mit dabei, allerdings als Ersatz und Betreuer. Nun greift er wieder an und hat neue Ziele.

Aktuell befindet sich der Molliser mit dem Bobteam Vogt in Whistler, Kanada. «Wir fuhren am vergangenen Wochenende den North Amercia Cup. Danach trainieren wir eine Woche, bevor hier der Weltcup startet.» Im Anschluss laufen die Weltcup-Rennen in Park City und Lake Placid. Bei seiner Rückkehr in die Schweiz ist bereits Weihnachten. Am Montag, 26. Dezember, findet das Ausschieben für die Weltmeisterschaft in St. Moritz statt. Zudem stehen vom Montag, 26., bis Samstag, 31. Dezember, Materialtests für die WM an.

Rückschläge als «Part of the Game»
Obwohl die letzte Saison nicht optimal verlief, möchte Weber nicht von einer Enttäuschung sprechen. «Sie war harzig. Ich hatte in den letzten Saisons einige Verletzungen, unter anderem auch zwei Operationen. Im letzten Sommer war ich eigentlich zum ersten Mal verletzungsfrei.» Angesichts dieser Geschichte war die Nichtberücksichtigung als Fixstarter für Olympia eine Enttäuschung. Weber konnte es aber für sich richtig einordnen. «Ich sehe, dass die anderen ebenfalls gut und hart trainieren. Es wäre ja zu schön, wenn ich im Herbst besser gewesen wäre, als jene, die den Sommer voll nutzen konnten. Das wäre für mich Träumerei.» Diese Verletzungen bringt er in Zusammenhang mit dem vielen Training. Er steigerte sich hinein, trainierte noch mehr und noch härter. Dies stellt er nun um, trainiert ausgewogener und lernt, auf seinen Körper zu hören. ­«Neben dem Training spielte ich Tennis, ging Biken und Wandern. Ich brauchte keine Physio und keinen Arzt und war an der Starter-SM mit dem 4. Rang im Einzelschub sehr gut in Form.» Ab und zu ist halt weniger mehr, und der «Mut zur Lücke» zahlt sich aus.

Realistische Ziele, Ausgleich und «cool» beiben
In solchen Phasen der Enttäuschung gibt es auch bei Weber Zweifel. Er habe auch schon dieses Gefühl: «Warum mache ich das?», «Warum tue ich mir das an?» gehabt. «Ich glaube aber, das ist normal und das gibt es auch im privaten Leben.» Für Rückschläge und Enttäuschungen hat Silvio Weber eine eigene Herangehensweise. Zum einen versucht er, seine Ziele realistisch zu setzen. «Nach meinen Verletzungen letztes Jahr war mein Ziel nach den Operationen wieder Weltcup zu fahren. Danach möchte man natürlich mehr, aber erstmal war ich damit sehr zufrieden.» Diese realistische Denkweise erachte er als Stärke. «Ich bin Vollblutsportler und möchte gewinnen. Aber ich mache nicht mein ganzes Lebensglück vom Bobfahren abhängig, sondern habe auch im Beruf und Privatleben Ziele, die mir wichtig sind.» Damit sprich er an, dass er einen Ausgleich in anderen Bereichen sucht. «Ich arbeitete diesen Sommer wieder und merkte, dass es für mich besser ist, wenn ich neben dem Sport noch weitere Aufgaben habe. Ich kann meinen Fokus auch auf andere Dinge ­lenken.»

Sein Trainer Gregor Hagmann rät ihm zu Coolness. «Ich versuche cool zu bleiben. Ich habe gelernt, dass für mich als Anschieber erst im Dezember abgerechnet wird. Wenn man im Herbst noch nicht topfit ist, kann man das bis dahin noch kompensieren.» Der Bobsport ist sehr schnelllebig. Hundertstel entscheiden, ob man fährt oder nicht. «Wenn man das Gefühl hat, es läuft schlecht, kann sich das sofort ändern. Genauso auf die andere Seite. Man kann nicht alles selber bestimmen, man ist abhängig von vielen Faktoren.» Dazu brauche es auch das notwendige Glück. Daher scheint die Einstellung von Weber die richtige zu sein.

Aktuelle Ziele
Erreicht man seine Ziele, ist das die Betätigung, es richtig gemacht zu haben. «Wenn es im Winter läuft, ist das der Lohn für die harte Arbeit im Sommer. Denn im Sommer haben wir nur wenige Anhaltspunkte, wissen nicht so recht, wo wir stehen.» Webers Ziel in dieser Saison ist die Weltmeisterschaft in St. Moritz. Daneben gibt es noch Teilziele. «Mit dem Team konnten wir im Weltcup noch einmal einen Schritt nach vorne machen. Wir sind individuell stark, und es hängt nicht alles von einer Person oder dem Material ab. Als Ziel möchten wir näher ans Podest und konstant in die Top 6 fahren.» Man spürt auch hier die Realität: Im Vergleich mit der Topnation Deutschland hat die Schweiz nicht die gleichen Voraussetzungen. Und dennoch möchte man das Maximum herausholen. l

Fabio Lutz

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