5. Glarner Sportforum: Der Weg aus dem Loch

Erzählten von ihren Erfahrungen (von links): Sportpsychologe Hanspeter Gubelmann, Beachvolleyballerin Joana Heidrich und Reto Hug, Vize-Weltmeister im Triathlon. Als Moderatorin amtete Regula Späni. (Foto: Jürg Huber)

Am 5. Glarner Sportforum sprachen die Spitzensportler Joana Heidrich und Reto Hug zusammen mit dem Sportpsychologen Hanspeter Gubelmann, wie Athleten aus Krisen und Verletzungen zurückkommen und dass auch nach grossen Erfolgen eine schwere Zeit folgen kann.

Als Spitzensportler ist man sowohl geistig als auch körperlich immer an der Belastungsgrenze, um Höchstleistungen zu erzielen. Was passiert, wenn man durch eine Verletzung oder eine Krise aus seiner Routine geworfen wird? Darüber sprachen am 5. Glarner Sportforum Joana Heidrich, Olympiamedalliengewinnerin (Bronze) im Beachvolleyball, Reto Hug Vize-Weltmeister im Triathlon und Ehemann von Nicola Spirig sowie Sportpsychologe Hanspeter Gubelmann unter der Moderation von Regula Spähni.

Zuerst ist der Schock
Obwohl laut Gubelmann jeder Sportler und jede Verletzung individuell sind, gebe es doch einige Phasen, die jeder nach einer Verletzung durchläuft. «Zuerst ist der Schock über die Verletzung oder den Unfall. Man liegt nicht nur sprichwörtlich auf dem Boden.» Dann, nach allfälligen Operationen, ist der Sportler in einer ungewöhnlichen Phase, in der die gewohnten Strukturen und Trainings nicht mehr gelten und er aus der Routine geworfen wird. «Man steckt in einem Loch, und man darf für eine gewisse Zeit in diesem Loch stecken», meinte dazu Hug. Man dürfe sich für eine gewisse Zeit bemitleiden und einige Tränen vergiessen, führte Heidrich weiter aus. Der Sportler lerne sich hier auf eine neue Weise kennen, meint dazu Gubelmann. Er werde nicht mehr nur über seine sportliche Leistung definiert.

Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist es umso wichtiger, dass das Umfeld und hier vor allem die Eltern zeigen, dass die Person geliebt wird auch ohne den sportlichen Erfolg. «Der Sportler kann lernen, was ihn ausser dem Sport noch ausmacht.» «Es war einfach schön, dass mein Freund und meine Mutter einfach für mich da waren, egal ob es mir gut oder gerade schlecht ging», erinnert sich Heidrich. Mit dieser Unterstützung und neuen Strukturen gelingt es, aus dem Loch zu kommen und den Blick nach vorne zu richten. Auch müsse man lernen, dass Kopf und Körper nicht die gleiche Geschwindigkeit haben, und man dem Körper Zeit zur Heilung geben muss.

Kopf und Körper nicht im Einklang
Eine andere Situation, in der Kopf und Körper nicht im Einklang sind, entsteht, wenn man die gewohnte Leistung nicht abrufen oder die gesteckten Ziele nicht erfüllen kann. «Man weiss, wie man einen Ball schlagen muss und hat das Tausende Male gemacht, aber irgendwie klappt es nicht mehr so, wie man will», meint Heidrich. «Oder man weiss, welche Leistungen man im Training bringen kann und fragt sich, warum man es am Wettkampf nicht abrufen kann», ergänzt Hug. Wichtig sei, dass man den Teufelskreis durchbrechen und seinen Kopf wieder frei kriegen kann. «Auch hier ist das Umfeld wichtig. Und Mentaltrainer und Psychologen natürlich auch.»

Eine spezielle Art der Krise kann zudem entstehen, wenn man den gewünschten grossen Erfolg erreicht hat. «Der Traum geht in Erfüllung, aber was kommt danach?» Gegen den sogenannten Olympia-Blues könne man angehen, indem man sich vorstellt, was danach kommt und dies gegebenenfalls frühzeitig organisiert. Dies sei auch für das Ende einer Karriere sehr wichtig. Deshalb frage Gubelmann seine betreuten Athleten immer wieder: «Was würdest du machen, wenn du ab heute deinen Sport nicht mehr betreiben könntest?» Denn was man sich einmal vorgestellt hat, kann einen nicht mehr überraschen.

Jürg Huber

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