Mit Schweiss und Charme

Das Lächeln der Nussknacker proben. (Foto/Video: FJ)

Mit dem November kommt im Glarnerland die Chränzli-Zeit. Von Elm bis Niederurnen wird auf den Bühnen der Mehrzweckhallen getanzt, geschauspielert und im Reigen geturnt. Der FRIDOLIN ging nach Niederurnen in die Probe und wollte wissen, was es braucht und was den Reiz solcher Turnrevuen ausmacht.

«Schiff ahoi!» heisst es am 18. und 19. November in Ennenda, mit Gastauftritt des TV Engi. Die Turnenden vom Kerenzerberg verwandeln schon vorher – am 5. November – die Mehrzweckhalle Mühlehorn ins «Hotel Bergruhe», am 12. November spielen die Turnenden Vereine von Elm in Elm, und in Niederurnen öffnet sich vom 11. bis zum 13. November – nach fast vier Jahren Wartezeit – täglich der Vorhang zur Revue «Verzell mir doch keis Märli!»

Das halbe Dorf
Das halbe Dorf macht in Niederurnen mit und insgesamt sieben turnende Vereine – der Damenturnverein, der Turnverein, die Männerriege, die Frauenriege, die Jugi, die DTV Jugend, das MuKi-Turnen und das Kinderturnen. Die andere Hälfte des Dorfes wird im Saal sitzen und gespannt sein, was passiert. Am nächsten Samstag, 22. Oktober, um 8 Uhr – gleichentags hat das Theater Glarus abends Premiere mit der Komödie «Der Vorname» – beginnt der Vorverkauf und erfahrungsgemäss werden die knapp 1400 Tickets für die drei Vorstellungen im Nu verkauft sein. Denn natürlich haben die 270 Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die dieses Jahr am Chränzli mitmachen, alle eine Familie, die dabei zusehen will, wenn die Tochter, der Sohn, die Mutter, der Vater, die Freundin oder der Freund auf die Bühne tritt. Das macht den Erfolg der Chränzli aus – ganz egal, ob das Publikum sonst kulturelle Veranstaltungen besucht oder nicht.

Theaterszenen und ...
… Reigen sind die beiden Elemente, die sich in der Turnrevue mischen. Laut Carla Glarner, die zusammen mit Patricia De Lorenzo und Sarah Leuzinger dieses Jahr Regie führt, werden es insgesamt zwölf Reigen sein, welche die Theaterszenen so verbinden, dass sich daraus ein märchenhafter Bogen spannt. Schon seit August wird mit Konzentration geprobt. Obwohl gerade Herbstferien sind, proben die Damen des DTV und die Männer des Turnvereins den Schlussreigen. De Lorenzo hat die Choreografie im Kopf und lässt die Turnerinnen und Turner in «Strahlen» antreten. Im Hintergrund formiert sich ein Kreis. Alle machen starre Gesichter und bewegen sich puppenhaft. Als die Musik erklingt, wird klar: Das ist Tschaikowskis Armee von aufziehbaren Nussknackern, die hier tanzt.

Akrobatik
Je nach Leistungsniveau und Fähigkeiten passen die Regieführenden das Programm an. Die Frauenriege übt in kürzeren Sequenzen, die Jasmin Grimm anleitet. Beim Schlossball der Nussknacker kommt es vor allem auf synchrone Bewegung an, Stück für Stück setzt De Lorenzo die Teile zusammen, bis die Sequenz sitzt. Danach geht es im Reigen «Zeit» akrobatisch zu und her – auf einer Treppe machen jeweils vier Leute den Handstand, gestützt von vier andern. Die Anweisungen von Sarah Leuzinger sind komplex, alle sollen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und sich formvollendet bewegen. Licht, Musik und Kostüme werden daraus ein bezauberndes Spektakel machen.

Jung und Alt
Von Kindern bis Ü50 sind alle dabei. «Ich bin eine der ältesten», sagt Rahel Antoniazzi von der Frauenriege lachend, «aber hier stehe ich wieder mit 15-Jährigen auf der Bühne.» Und Iris Maggiacomo ergänzt: «Die Revue stärkt den Zusammenhalt, nach diesen drei Tagen gibt es am Sonntag ein grosses Fest.» Denn rund um jene auf der Bühne gibt es eine Reihe von stillen Helfenden, welche die Tombola betreiben, in der Küche stehen, servieren, an der Bar Drinks ausschenken, das Bühnenbild gestalten, Licht und Musik regeln, die Kostüme schneidern.

Die Glarner Kultursaison nimmt jetzt so richtig Fahrt auf. Wer diesen FRIDOLIN aufmerksam liest, findet das Kinderkonzert «Maestro Mozart», die Comedy «Sexy» von Nico Arn – beide im Fabriktheater Schwanden am Samstag, 22. Oktober –, die «Quantettologie» von Johannes Kobelt, organisiert vom Kulturverein Glarus Süd im Gemeindezentrum Schwanden ebenfalls am Samstag, 22. Oktober, das Konzert «Das Rad der Fortuna» am Sonntag, 23. Oktober, in der Kirche Ennenda und am Donnerstag, 27. Oktober, präsentiert die Kulturgesellschaft im Schwert Näfels Ferruccio Cainero. Die ersten drei Novemberwochenenden aber gehören dann den einheimischen Chränzli. Denn dabei wird zusätzlich zur Kultur mit Schweiss und Charme auch der Zusammenhalt in den Dörfern gefördert.

Back To Top