Frauenporträt Katrin Egger: Stillsitzen – Nein, danke!

Katrin Egger und die Innenstadt Glarus – eine gute Beziehung von Kindesbeinen an. (Foto/Video: Søren Ehlers)

Katrin Egger ist Bereichsleiterin Marketing und Kommunikation beim ESAF 2025 Glarnerland+ sowie noch bis Ende Jahr Leiterin des Projektes Entwicklung Innenstadt bei der Gemeinde Glarus. Ihr organisatorisches Talent setzt sie zudem als Mutter von zwei lebhaften Kindern ein. Sie lebt mit ihrer Familie in Netstal.

Katrin Egger erscheint hinkend zum Gesprächstermin. Sie hat sich die Bänder am Sprunggelenk gezerrt. Vier Wochen stillhalten war die Verordnung der Ärztin. «Das schaffe ich nicht», sagt Katrin Egger und lacht erstmals ihr ansteckendes Lachen. «Stillsitzen ist nichts für mich. Ich war als Kind schon ein ‹Zwängi›, das hat meine Mutter oft herausgefordert.» Ihre Mutter hat Katrin Egger geprägt. Ihr Elternhaus war traditionell. Der Vater führte das Sanitär-, Küchenbau und Spenglereigeschäft Karl Stüssi AG, das er von seinem Vater übernommen hatte. Dass die Rolle von Katrins Mutter diejenige der Familienfrau war, stand fest und nicht zur Diskussion. Obwohl sie sehr gerne Arbeiten gegangen wäre. «Meine Mutter war stets sehr gut organisiert und hatte ihre Aufgaben perfekt im Griff. Ihre grosse Kreativität brachte sie zum Beispiel bei der Inneneinrichtung unserer vier Wände ein. Sie lebte mir vor, dass es möglich ist, sich auch unter äusseren Sachzwängen für sich selbst einzusetzen.» Katrin Egger findet, dass unsere Gesellschaft nach wie vor patriarchalisch bestimmt ist. Das lasse sich nicht einfach durchbrechen, aber es sei möglich, sich auch als Frau im Beruf zu behaupten. «Es ist immer noch so, dass das Management der Familie Sache der Frauen ist, auch wenn die Männer mehr und aktiver mithelfen als noch vor 20 Jahren.»

Von null auf beginnen!
Katrin Egger schloss die Kanti Glarus mit der naturwissenschaftlichen C-Matur ab. Danach stand sie sechs Monate lang am Fliessband bei Läderach, um sich den anschliessenden Sprachaufenthalt in New York City zu finanzieren. «Ich ging bewusst allein und an einen Ort, wo ich niemanden kannte. So war ich darauf angewiesen, mich rasch zurechtzufinden. Von null auf etwas aufzubauen, liegt mir. Das kam auch später im Leben ein paarmal vor.» Die anschliessende Studienwahl fiel auf Betriebswirtschaftslehre an der HSG St. Gallen mit der Vertiefung Tourismus und Verkehr.

«Meine erste Stelle trat ich in Chur bei einer namhaften Tourismusconsulting-Unternehmung an. Mein Chef – der Inhaber und Gründer – hat mich sehr gefördert.» Zweieinhalb Jahre später folgt die zweite Stelle, diesmal in Thalwil, wo Katrin Egger Projektleiterin Weiterbildungsangebote für Führungskräfte wurde. «Der dortige Chef war ein schwieriger Mensch, der gestandene Mitarbeitende zum Weinen brachte. Eine Erfahrung, die mich fast unbrauchbar gemacht hat für den Arbeitsmarkt.»

Männerwelt, ahoi!
Der nächste berufliche Schritt für Egger: Sie wurde Marketingchefin bei Service 7000 in Netstal. «Ich kam erneut in eine patriarchalische, inhabergeführte Firma. Da ich eine ausgesprochen leistungsorientierte Person bin, passte mir dieses Umfeld. Es festigten sich aber auch zwei bis heute prägende Sachverhalte: Eine Frau muss wesentlich mehr leisten für die gleiche Anerkennung wie ein Mann und viele Männer können mit starken Frauen in Führungspositionen nicht umgehen.»

Wie sieht Katrin Egger generell die Rolle von Frauen in der Berufswelt? «Studien belegen, dass sich Frauen in der Führungsetage nicht nur auf den geschäftlichen Erfolg des Unternehmens positiv auswirken, sondern auch auf Betriebsklima und -kultur. Denn neben fachlichen Kompetenzen sind immer stärker Fähigkeiten wie Change Management, Kommunikation, Coaching, Mitarbeitermotivation und -bindung gefragt. Fähigkeiten, die im Führungsverhalten von Frauen häufiger zu beobachten sind.»

Frauen, kommunikativ!
In ihrer neuen Aufgabe als Bereichsleiterin Marketing und Kommunikation des ESAF fühlt sie sich wohl. «Im Kommunikationsbereich arbeiten typischerweise viele Frauen. So auch in meinem Team. Viele von ihnen sind im Beruf Führungskräfte, die ihre Ressorts entschlossen und äusserst fachkompetent führen. Ganz entgegen dem Vorurteil arbeiten wir sehr zielorientiert und partnerschaftlich zusammen. Das hat nicht zuletzt mit meiner Erfahrung zu tun, dass Frauen oftmals viel sachlicher sind – in der Argumentation wie im Verhalten – und dass sie füreinander und die für Stärken der anderen einstehen. Das bringt einfach bessere Gesamtleistungen. Ich bin sehr stolz auf mein Team!»

Coppelia
Katrin Egger reitet schon seit Kindesbeinen. So kümmert sie sich fast täglich um ihre Stute Coppelia, ein rabenschwarzes Schweizer Warmblut. «Ich bin fünfmal pro Woche für zwei bis drei Stunden mit ihr zusammen. Dank ihr kann ich mich in dieser Zeit zu 100 Prozent auf unsere Zweisamkeit konzentrieren. In diesen Momenten bin ich ganz bei mir und meinem Pferd. Da bin ich ganz ich, nicht Mami, nicht Ehefrau, nicht Führungskraft oder Managerin, einfach nur Katrin.» l

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