«Toni Wishoop» und der Tödi im Kantonsspital

Toni Weishaupt und seine Werke. (Foto: Fabio Lutz)

Mit einem Kunstgespräch begann am Donnerstagabend, 7. Juli, die Kunstausstellung des Autodidakten Toni Weishaupt – ursprünglich Appenzeller, jetzt in Soglio zu Hause. Redaktor Fridolin Jakober fühlte dem Berg- und Orchideenmaler auf den Zahn und dieser gab mit Mutterwitz aufrichtige Antworten.

In den Fluren des Kantonsspitals hängen – noch bis Oktober – vor allem Berg- und Landschaftsbilder vom Glarnerland. Der Tödi von allen vier Seiten – aufgenommen aus dem Flächenflugzeug und dann gemalt –, Braunwald, der Schilt, der Fronalpstock, der Milchspüelersee, die Linthschlucht, der Obersee und auch der Muttsee, so wie er 2008 noch war, als die AXPO gerade mit dem Pumpspeicherwerk anfingen und Toni Weishaupt – oder Wishoop, wie er das ausspricht – für acht Monate mit der Staffelei im Glarnerland unterwegs war. Toni Weishaupt ist kein Büromensch. Er ist ein Macher. Und Malen bedeutet für ihn genau das: machen!

Carl Walter Liner
Weishaupt war schon immer sehr kunstinteressiert. Als junger Mann durfte er einmal mit seinem Vater als Schreiner zu einem Kunden. Dieser Kunde (der bekannte Kunstmaler Carl Walter Liner) bezahlte die Schreinerarbeit des Vaters mit Bildern. Sehr zum Leidwesen der Mutter, welche keine Freude daran hatte, dass der Vater immer Bilder statt Geld heimbrachte. Als Toni Weishaupt nach der Lehre als Arvenholzschreiner in Pontresina war und gerne selber Bilder für seine Wände haben wollte, diese sich aber nicht leisten konnte, begann er zu malen. Soweit die Legende. Die Liner-Bilder liess der Vater übrigens schätzen und später durften sich die Kinder Weishaupt jeweils zwei davon aussuchen.

Die Motive und das Leben
Weishaupt malt vor allem Berge, Bergkristalle und Orchideen. Warum, das verriet er im Kunstgespräch. Das «Frauenschüeli» ist seine Lieblingsblume. Bei einer Orchideenausstellung in Thun packte ihn die Vielfalt dieser Blumen. Weishaupt hat auch riesige Freude an Bergkristallen. Diese malt er im Massstab 1:1. In der katholischen Kirche in Flüelen hat er eine Ausstellung zu Bergkristallen besucht und als er diesen riesigen Bergkristall – 16 Millionen Jahre alt, 6 Millionen Franken teuer – gesehen habe, sei es ihm eiskalt den Rücken heruntergelaufen. Die Kraft und die Energie, die von diesen Kristallen ausstrahlen, hätten in klein gemacht. 

Seit 2007 ganz Maler
Als Weishaupt 2007 aufhörte zu arbeiten und mit dem Malen begann, sagte sein Umfeld: der spinnt. Er hatte im gleichen Monat seine Aktien des Familienbetriebes dem Bruder verkauft, die Scheidung von seiner Frau eingereicht und Haus und Boden verkauft. Danach hatte er nur noch sein Auto und seine Bilder. Es gab Gerüchte, er sei ein Alkoholiker und man habe ihn aus der Firma geworfen. Andere wussten, dass er im Tessin ein Rustico gekauft habe, und wieder andere sagten, er besitze im Kanton Schwyz eine Villa. Tatsächlich hatte er sich ganz dem Malen von Bergen verschrieben und arbeitet seither an seinem Programm: Jahr für Jahr jeweils acht bis zehn Monate lang einen Bergkanton besuchen und die schönsten Bergansichten malen. Mit dem Kanton Glarus fing er an – zuhinterst, im Tierfehd, wo ihn nicht einmal der Pöstler fand. Seither lernt er die Schweiz und tolle Menschen kennen. Auch im Glarnerland, wo er bei solchen Freunden übernachten darf. Ins Kantonsspital gebracht hat ihn Céline Zimmermann, seine Nachbarin in Soglio, die bei den Psychiatrischen Diensten Graubünden angestellt ist und in Glarus in der Tagesklinik arbeitet.

Staffelei und Urkraft
Weishaupt staunt immer wieder, wenn er seine Staffelei aufstellt und zu malen beginnt. Die Leute haben grossen Respekt vor Künstlern. Einmal sei er so vertieft am Malen gewesen, dass er beim Zurückschauen erschrak: Da stand ein Dutzend Erwachsene hinter ihm, die zuschauten. Malen, so Weishaupt, sei ein ewiges Lernen. Zwischen seinen ersten Bildern von 1972 und denen von heute liegen Welten. Und lernen tue man am besten, wenn man es mache, sagt er. So probiert er aus, schneidet sogar einmal mit einem Cutter das Martinsloch aus seinem Bild aus – wie soll man sonst ein Loch malen – und hofft, dass er einmal entdeckt wird. Als Autodidakt bezeichnet er seine Bilder nicht als Kunst, sich selber nennt er Malhandwerker und mit seinem Schnurrbart erinnert er an einen der drei Musketiere. Wie alt der 73-Jährige noch werden will, deutet er an: Hans Erni sei immerhin 106 Jahre alt geworden und auch Ferdinand Gehr sei erst mit hundert Jahren gestorben. «Malen hält jung», davon ist er überzeugt. Und die Kraft seiner Berg-, Kristall- und Orchideenbilder strahlt noch für vier Monate von den Wänden des KSGL, auf Kranke und Gesunde.
Fabio Lutz/FJ

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