Allgemeine Leserbriefe

Alles Unglück der Welt geschieht nur, weil einer mehr tut als er muss. (Maori-Weisheit)

An diesem Dienstagmorgen ist Elm noch von der Umwelt abgeschnitten. Ich schaue zum Küchenfenster hinaus. Zur Rehgeiss mit den zwei Jungtieren hat sich eine weitere Geiss mit einem jungen Bock gesellt. Sie stutzen die Gewächse an unserer Hausmauer zurück, wie jeden Winter. Jetzt, wo es hell wird, stapfen sie durch 30 cm Nassschnee zum Waldrand hoch, hinüber gegen das einsame Gamskitz unter der Tanne. Dessen Tage allerdings sind gezählt. Es ist allein und wird den Winter nicht überleben. Vielleicht eine Gelegenheit für den Luchs, der uns hin und wieder besucht. Auf jeden Fall sind diese Viecher wildbiologisch ungebildet, sonst würden sie Hals über Kopf flüchten. Und Verordnungen lesen die auch nicht.

Seit meinem letzten Leserbrief wegen den Betretungsverboten in den vielen neu geschaffenen Wildruhezonen des Kantons Glarus ist die Jagdstatistik 2017 veröffentlicht worden. Wegen dem grossen Wildtierüberbestand war wiederum eine Nachjagd nötig, wo die Tiere trotz Schnee verfolgt wurden. Über 36 % des Rotwildes wurde in den Eidgenössischen Jagdbanngebieten Schilt und Kärpf erlegt. Trotz Jagdverbot wird dort also gejagt, dafür gibt es Betretungsverbote für Unbewaffnete. Auch mit diesem Allzeit-Maximalbestand an Wild dürfen Naturfreunde im Winter den grössten Teil der möglichen Tourengebiete nicht mehr betreten, ausser auf einigen wenigen Korridoren. Der zuständige Jagdverwalter Christoph Jäggi hat deshalb bei den verunsicherten Tourenleitern eine Info-Veranstaltung durchgeführt. Auf die Frage, wie breit denn die erlaubten Korridore seien, beliebte er zu antworten, das würden diejenigen entscheiden, die mit den Bussenzetteln unten warteten. Ausserdem werde während den nächsten 10 Jahre sowieso nicht mehr an dieser Verordnung gerüttelt. Meine Anfrage beim zuständigen Regierungsrat Röbi Marti wurde einer Antwort nicht für würdig befunden.

Ein wenig beachtetes Detail zu dieser Geschichte steht übrigens in der Glarner Verfassung. Diese garantiert nämlich die Bewegungsfreiheit für alle auf unseren Bergen und Alpen. Nun kann man natürlich einwenden, das gesperrte Gebiet sei gar nicht zu kontrollieren und jeder solle doch dort wandern und «schitüürelen», wo er es immer schon gemacht habe. Das ist zweifellos die richtige Einstellung. Allerdings ist z.B. im Fryberg Kärpf am Weg zur Leglerhütte bereits eine automatische Kamera installiert, die jeden Tourengänger fotografiert. Zu Studienzwecken übrigens. Sie wird vermutlich nur so lange dort bleiben, bis die Drohnen angeschafft sind. Thank you, Big Brother!

Engg Marti, Bergführer, Elm

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