Mit Komik und Voltaik

Die vier ökumenischen «Rosenkavaliere» auf dem Rathausplatz: (von links) Pfarrer Sebastian Doll, Regierungsrat Markus Heer, Landesstatthalter Kaspar Becker und Nationalrat Markus Schnyder. (Foto: Jo Göring)

Ob der Papst im Petersdom anderen die Füsse wäscht oder ein Streichquartett die letzten Worte Jesu in Musik verwandelt – das Heilige hat viele Ausdrucksformen und es findet – auch im Glarnerland – immer wieder neue. Rechtzeitig zu Ostern geht der FRIDOLIN konfessionsübergreifend neuen Formen nach.

Über die Ostertage ist in den Kirchen fast immer etwas los – ob das Karfreitagskonzert in Schwanden oder die fünfteilige Osternachtsfeier in Näfels. Auch sonst finden alle, die den ­FRIDOLIN aufmerksam lesen, fast jede Woche ein Frühstück, einen Brunch, einen Suppentag oder einen Apéro, um sich in einer der Kirchen oder bei einer anderen Glaubensgemeinschaft den Bauch vollzuschlagen. So organisiert die katholische Kirche in Schwanden einmal im Monat den Gottesdienst mit anschliessendem Früh­stück im Pfarreizentrum – sehr beliebt bei Seniorinnen und Senioren. Auch für Sport und Unterhaltung ist gesorgt. So ging es mit Pfarrerin Manja Pietzcker im Februar nach Braunwald zum Pistengottesdienst und am Karfreitag besammeln sich Familien für den Kreuzweg zum Brandbödeli am Hilarirank Näfels. Selbst Theater wird in der Kirche gespielt – in Schwanden sogar durch die Comedians der Chliibüni Glärnisch. Sie üben dort, wo sonst Pfarrer Peter Hofmann als Diener am Wort Gottes die Heilige Schrift auslegt, ihren neusten Schenkelklopfer «Tatort Ja-Wort».

Kirche als Experimentierfeld
Premiere ist am Mittwoch, 8. Mai, und die Licht- und Tontechnik würde er am liebsten gleich in der Kirche behalten. Laut Dekan Hofmann ist bei der Evangelisch-Reformierten Landeskirche die Mitnutzung von kirchlichen Räumen für Vereine im Rahmen der Generationenkirche schon länger ein Thema. In Zürich etwa würden Kirchen nicht nur als Konzertsäle genutzt, sondern – etwa die Bullingerkirche – sogar als Stadtparlament. Da die Glarner Kirchen nicht überall genügend Geld haben, um die nötigen Renovationen anzugehen, denkt man auch hier über diese Strategie nach. «Wir kennen zwar den Weg nicht, aber die Grosswetterlage passt für die Chliibüni.» Als ­Leopold Ramhapp und Roger Rhyner auf Patrick Muhl zugingen, er ist bei der Evangelisch-Reformierten Landeskirche fürs Ressort Infrastruktur zuständig, riet dieser ihnen, es einmal in Schwanden zu versuchen, und sie besichtigten die renovierte Kirche als Theaterkulisse – da ihr Fabriktheater wegen der Rutschung nach wie vor geschlossen ist. Inzwischen hat der Kirchenrat den Aufführungen zugestimmt. Ramhapp/Rhyner schrieben eigens ein Stück über eine Doppelhochzeit und einen blinden Pfarrer. Das ist nicht das einzige Experiment, auf das sich Schwanden im Jubiläumsjahr einlässt. Im Sommer – beim 675-Jahre-Fest vom Freitag, 16., bis Sonntag, 18. August – wird Künstler Antonio Wehrli am Bau ein Werk der «Monumental Gravity» schaffen, wo sich die Leute aus Schwanden barfuss mit Farbe beteiligen.

Kirche als Solarpionier
Doch Kirchen sind ja keine Spassgesellschaften. Im Gegenteil: Sie gehen auch bei der Sanierung ihrer Gebäude neue und nachhaltige Wege. Gerade ist etwa die Stiftung Marienkirche Mollis für ihre Sanierung mit dem Norman Foster Solar Award ausgezeichnet worden. Ihr Präsident Albin Vuichard hatte diese Sanierung von langer Hand vorbereitet und so klimafreundlich wie möglich geplant. Riedl Architekten erarbeitete das ganzheitliche Sanierungskonzept und setzte es um. All das geschah in Abstimmung mit der Denkmalpflege – von der Finanzierung über die Wärmepumpe, welche die alte Ölheizung ersetzt, bis hinauf zur Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Dank Wärmedämmung und dreifach verglasten Fenstern verbraucht die Kirche mit 33 100 kWh nur noch 41 Prozent ihres früheren Energiebedarfs, liefert dafür aber mit ihrem Dach fast 50 000 kWh jährlich. Im Netz von Glarus Nord fliesst also jetzt ­«Kirchenstrom».

Wohin soll Kirche gehen?
Wenn die Kirche schon im Dorf bleibt, soll sie dort von Nutzen sein. Von sich sagt Peter Hofmann mit einem Augenzwinkern: «Ich werde dafür bezahlt, dass ich die Bibel lese und ihre Schätze für unsere Existenz hebe.» Gleichzeitig macht er aber schon mal den Moderator, wenn die Harmoniemusik Schwanden ihr Jahreskonzert hat. Überhaupt sollen Pfarrpersonen – und die Gläubigen – heute alles einbeziehen, genau wie es Theologe Klaas Huizing in seiner Lebenslehre «Schluss mit Sünde!» von 2017 fordert: «Die Heiligkeit ist nicht nur in der Kirche eingesperrt, da wohnt sie auch, aber hat einen breiten Radius.» Das FRIDOLIN-Team wünscht Ihnen, dass Sie an Ostern Schluss machen können mit Sünde – drinnen und draussen. 

FJ

Back To Top