Glarner Wasserkraft erhält Menschen, Ziegen, Amphibien

Frühling am Brunnenberg ist Bauzeit: Geschäftsführer Martin Zopfi. (Foto/Video: FJ)

Der Brunnenberg oberhalb von Luchsingen heisst so, weil überall Quellen sprudeln. Martin Zopfi, Geschäftsführer der tb.glarus, zeigt die Baustelle, wo derzeit mit einer neuen Konzession von 80 Jahren das Kraftwerk Luchsingen optimiert wird und wo die Natur schon bald wieder die alte ist.

«Energie, die gebraucht wird, muss ­irgendwo bereitgestellt werden», sagt Martin Zopfi. «Fallen fossile Brennstoffe und Atomkraft weg, bleiben die Erneuerbaren.» Unsere Vorfahren realisierten weitsichtig Wasserkraftwerke – eines ist das Kraftwerk Luchsingen.

Know-how aus der Region
In drei Baulosen arbeiten derzeit einheimische Unternehmen, mit drei Seilbahnen werden Baumaterial für Stollen, Becken, Druckleitung und die Bauarbeiter hochtransportiert, das schont die Strasse und vereinfacht die Bau­logistik. Inwiefern ist der Ausbau des Kraftwerks ein Wirtschaftsfaktor in der Region? «Einerseits von der Planung und Ausführung her», so Zopfi. «Die lokalen Unternehmer setzten sich bei der öffentlichen Submission gegen nationale und ausländische Konkurrenz durch. Wir haben hier im Glarnerland sehr gute Ingenieurfirmen wie etwa die Jackcontrol AG, welche diese Kraftwerkserneuerung plante und nun in der Ausführung die Projektleitungen stellt, und Firmen, die das umsetzen können. Selbst im Stahlwasserbau gibt es hervorragende Unternehmungen im Glarnerland. Zudem funktioniert so ein Wasserkraftwerk, wenn es erstellt ist, jahrzehntelang ohne grosse Ersatzinvestitionen.» In Luchsingen konnte ein Grossteil der bestehenden Bausubstanz des Werks sogar übernommen oder wiederverwendet werden.

Wertschöpfung für die Region
Um einen Grossteil der Investitionskosten rasch zu amortisieren, fliesst die produzierte Energie für 15 Jahre an den Bund, dafür beziehen die tb.glarus die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Die Investitionen in die Anlagen fliessen durch die KEV zurück, das gibt den Investoren bei der Volatilität der Energiepreise eine gewisse Sicherheit. «Mit einer Konzession von 80 Jahren fliessen auch 80 Jahre lang Gelder in die Kantons- und Gemeindekasse (Wasserwerksteuer), zudem haben die Kunden – wenn die KEV-Dauer von 15 Jahren abgelaufen ist, für 65 Jahre günstigere Energie.»

Wertschöpfung für die Natur
Zwar wäre die Anlage wohl auch ohne KEV erneuert worden. «Aber vielleicht nicht in diesem Umfang – insbesondere das zweite grössere Speicherbecken wäre vielleicht nicht realisiert worden. Doch gerade damit können wir auf die aktuelle Energiepolitik antworten. Wir können fehlende Wind- oder Sonnenenergie dann substituieren, wenn sie nicht anfällt, da wir neu viel mehr Wasser speichern können. Das Kraftwerk wird sozusagen eine grosse Batterie, mit der wir – auch am kältesten Wintertag – einen Drittel der Gemeinde Glarus mit Strom versorgen können, das ist eine enorme Kapazität. Wir produzieren Strom für insgesamt 5000 Haushalte.» Zudem wird eine Pelton-Turbine mit vier Düsen installiert. Sie hat 5,8 MW Leistung und wird rund 22,5 GWh Strom pro Jahr erzeugen. Mit den vier Düsen lässt sich diese Maschine genau justieren auf jene Wassermenge, die gerade nachgefragt wird. Vorbei geht es an Ziegen, die frisches Gras weiden zum neuen Seelein hinter dem neuen Ausgleichsbecken. Kristallklares Quellwasser speist es. Algen gibt es schon, doch hier sollen bald Amphibien leben – man arbeitete dafür mit Biologen zusammen. Auch mit dem Baulärm ist es wohl bald vorbei – in ein paar Wochen stehen die Wände des neuen Beckens. Zudem entschieden sich die tb.glarus bei der Konzessionierung für eine Schutz- und Nutzungsplanung. Mit Ausgleichsmassnahmen zur Renaturierung der Linth zwischen Leuggelbach und Nidfurn entstanden dort fischgängige Bachläufe, Tümpel sowie Feuchtflächen. «Die Planung wurde mit externen Partnern gemacht», so Zopfi, «wir haben ein Referenzprojekt geschaffen.»

Der richtige Zeitpunkt
Doch weshalb wird gerade jetzt gebaut? «Im Sommer 2023 läuft die alte Konzession ab. Mit der Erneuerung der Konzession können wir das Kraftwerk für weitere 80 Jahre betreiben.» Der Zeitpunkt für die Optimierung stimmt also. Was würde Zopfi anders machen? «Ich würde genau das tun, was wir jetzt tun – denn es ist ein ausgewogenes Projekt zwischen Schützen und Nützen, kein Raubbau, sondern eine Umsetzung mit der Natur. Die Leistung ist gut dimensioniert, Ausbauwassermenge und Speicherbedarf der Becken sind ausgewogen und wir können mit demselben Wasserangebot ein Drittel mehr Strom produzieren. Mein Ziel war, die Anlage – mit der Natur – zu optimieren, sodass wir das Wasser am Berg effizienter nutzen können.»

FJ

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