Fahrt für Anfänger

Sepp Schwitter erklärt Fabio Lutz die Fahrt. (Foto/Video: FJ)

Sepp Schwitter, alt Ratssekretär, aus Näfels kennt die Näfelser Fahrt von Kindsbeinen – im Gegensatz zu Fridolin-Sport­redaktor Fabio Lutz, der zwar schon vierzehn Jahre im Glarnerland beim GEC Eishockey spielt, aber erst letztes Jahr hierher nach Näfels zog. Zusammen besuchten sie wichtige Stationen der Gedenkfeier und rekapitulierten, was an der Feier wichtig ist.

Man nennt sie einfach die Fahrt – obwohl es ja zu Fuss vorwärtsgeht. Die Einzigen, die gefahren werden, sind die Mitglieder der Regierung. Doch was ist die Näfelser Fahrt eigentlich für eine Feier?

Gedenkfeier für die Gefallenen
«Es ist eben keine Schlachtfeier – wie etwa Sempach – es ist ein Schlachtgedenken, eine Jahrzeit, wie wir sie heute noch beim Gedenken an unsere Verstorbenen feiern. Zudem hatte man damals in Näfels noch keine Kirche, erst ein Jahr nach der Schlacht gab’s dann eine Schlachtkapelle – hinter der heutigen Kirche von Näfels.» Die Fahrt wird also zum 634. Mal begangen. Doch wie entwickelt sich die Teilnahme daran? «Covid war ein Dämpfer», so Sepp Schwitter. «Ich weiss, dass im Kleintal und im hinteren Teil des Grosstals der Weg schon früher etwas weit war, aber es nimmt mich jetzt selbst wunder, wie die Teilnahme dieses Jahr sein wird. Die Fahrt ist für mich eine der speziellsten weltlichen Feiern – jeder kann teilnehmen, wie er will, einsteigen, wo er will, aussteigen, wo er will, man kann fast gehen, wie man will.»

Der älteste Brauch
Was Sepp Schwitter verblüfft: «Es ist wohl der älteste Glarner Brauch, den es gibt. Auch 2021 – da ist die Fahrt als Tradition nicht gerissen – man beging sie einfach nicht mit den Füssen, sondern in der Kirche. Reformierte und Katholische rieben sich immer an dieser Fahrt, gingen auseinander, kamen wieder zusammen. Für mich ist die Fahrt etwas – wie die Landsgemeinde – was man zusammen begehen muss, eine Gedenkfeier.»

Schlachtgeschehen
Doch wie kam es zur Schlacht und wie konnten die Schwyzer und Urner rechtzeitig darüber informiert werden, dass sie zur Hilfe eilen sollen? «In der Weesner Mordnacht, die der Schlacht vorausging, wurden die Glarner im Schlaf überrascht.» Sie hatten das habsburgische Städtchen Weesen besetzt. «Man ahnte, dass es bald zu einem Krieg kommen könnte und hat vorher schon die Letzimauer gebaut. Eine Rekonstruktion findet man hinter dem Denkmal, man kann den Verlauf der Mauer heute noch sehen. Also auf den Krieg war man vorbereitet – die Schwyzer und Urner waren bereits hier vor Ort.» Wie man eine zehnfache Übermacht besiegen konnte? «Die Glarner hatten ihre Letz verteidigt, wurden überrannt, zogen sich zurück. Die Habsburger glaubten, sie hätten den Sieg in der Tasche, zogen raubend und plündernd taleinwärts. Als sie zurückkamen, wurden sie von der Letzi gebremst – zudem waren zuvorderst die Pferde, welche scheuten. Es wurden Steine von oben geworfen, die Hänge unüberwindbar steil, die Glarner hatten oben eine überlegene Position. Man hatte danach – auch auf Habsburger Seite – das Gefühl, dass es schon fast ein Gottesurteil gewesen sei. Die unterlegenen Habsburger akzeptierten dieses Gottesurteil, es war dann auch die letzte Schlacht.»

Die Gedenkstationen
Im Schneisingen, wo der Gegenangriff der Glarner begann, wird eine Bühne aufgestellt, wo Landammann oder Landesstatthalter die Ansprache halten. «Das hat auch mit der Konfession zu tun, früher war jeweils der eine katholisch, der andere reformiert. Auch hier bildet die Fahrt, wie sie 1835 festgelegt wurde, die konfessionellen Verhältnisse ab. Heute spielt das aber keine Rolle mehr,» erläutert Sepp Schwitter. Dann folgt die Näfelser Fahrt den Gedenksteinen – welche im Lauf der Zeit teilweise versetzt wurden. «Auf dem Kloster, wo früher die Burg der Habsburger war, sitzt heute ein Weltlicher, welcher die Aufgabe hat, das Glöcklein zu läuten, während die Prozession von einem zum nächsten Stein geht. Während sie stehen und beten, bleibt die Glocke still.» An mehreren Orten führt der Weg der Fahrt durch private Gärten, teilweise werden eigens Brücken gebaut. Erstaunlich. Sepp Schwitter wohnt gleich beim Fahrtsplatz, wo jeweils der Fahrtsbrief verlesen wird. «Als ich das erste Mal lesen durfte, bekam ich das Buch – da war hinten der Fahrtsbrief drin, aber ohne Namen. Denn die Namen wurden wohl in der Kirche verlesen, nicht hier auf dem Fahrtsplatz.» Weiter folgt die Prozession den Steinen zum Fahrtsdenkmal, dann ist Gottesdienst in der Näfelser Kirche, Chilbi und zum Abschluss das Kalberwurstessen. Für Fabio Lutz ein guter Grund, bei der nächsten Näfelser Fahrt mit dabei zu sein.

FJ/Fabio Lutz

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