So kommt das Glarnerland wirtschaftlich auf die Landkarte

Morena Zhuniqi, von der Standortförderung, vor der MINT-Werkstatt der Zigerschlitz-Makers. (Foto/Video: FJ)

Das Glarnerland bietet nicht nur eine vielfältige und weitgehend intakte Natur, es hat – mit seiner Nähe zum Grossraum Zürich – das Potenzial, als Wirtschaftsstandort durchzustarten. Morena Zhuniqi – bei der Kontaktstelle Wirtschaft für Standortentwicklung zuständig – erklärt die Landkarte, mit der es vorwärts geht.

Auf den Fenstern vor dem ehemaligen Stellwerk im Bahnhofgebäude von Näfels steht in grossen Lettern «MINTGL» und es zeigt die Vision, mit der die Kontaktstelle Wirtschaft Kinder und Jugendliche für die MINT-Berufe begeistern möchte. Denn hier – in der Maker-Station – testen elf Lehrkräfte Pilotkurse für Kinder und Jugendliche, diese sind der Grundstein für ein Frühförderprogramm in Sachen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Mit im Boot: Die Glarner Wirtschaft, Politik, Bildung und Verwaltung, denn die Vision MINTGL 2030 ist eine öffentlich, privat und gesellschaftlich getragene Initiative. «Die aktive Mitarbeit von Unternehmen und Privatpersonen ist explizit erwünscht», betont Morena Zhuniqi. Denn MINT bildet in der starken Glarner Industrie und im Dienstleistungssektor die Basis für viele Innovationen, und Bildung ist seit jeher der wichtigste Schweizer Rohstoff.

Fachkräfte begeistern
Schon zu Zeiten, als im Glarnerland noch die Textilindustrie blühte, schaute man über den Tellerrand hinaus – das gilt auch heute, wenn es um die Arbeitsmarktfähigkeit geht. «Der Kanton Glarus sieht sich heute mit den Herausforderungen des gesellschaftlichen und technischen Wandels der nahen Zukunft insbesondere mit der Transformation zur digitalen Arbeit in allen drei Wirtschaftssektoren konfrontiert», so Zhuniqi. «Diese Transformation verändert die Arbeitswelt. Sie fordert von den Arbeitskräften den Wandel mitzugehen und sich aktiv zu beteiligen. Berufe verschwinden oder verändern sich, neue entstehen. Neue Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie Kompetenzen sind gefragt. Wir entwickeln gerade Instrumente, um die Arbeitsmarktfähigkeit von Personen zu fördern.» Das Projekt «Arbeit 4.0» im Mehrjahresprogramm 2020-2025 will vor allem digitale Kompetenzen aufbauen. Zum Beispiel auf der Lernplattform smartbleiben.com. Mit «Arbeit 4.0» sollen primär über 50-Jährige qualifiziert werden. Fachkräfte, die den Arbeitsmarkt verlassen haben, sollen reaktiviert werden zudem sind Impulsfinanzierungen für Bildungsprogramme und Kurse zur digitalen Transformation geplant.

Die Gegenwart wird disruptiv
Die langfristige Strategie bleibe, so Zhuniqi, es würden aber neue Akzente gesetzt mit den Kernprojekten im Bereich Fachkräfte. Wozu aber muss man eigentlich den Standort Glarnerland wirtschaftlich entwickeln? «Was wäre denn die Alternative?», so die Gegenfrage. «Stillstand bedeutet immer Rückgang. Der Wirtschaftsstandort Glarnerland muss überlegt gestaltet werden.» Wie das geht. «Die Rahmenbedingungen ändern sich dauernd. Während dies bisher schrittweise geschah, verändert sich die Welt heute disruptiv. Bahnbrechende Innovationen verändern die gesamte Arbeitswelt. Diese Veränderungen darf man nicht verpassen, auch nicht in der Standortentwicklung. Denn eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung erhöht den Lebensstandard der Bevölkerung, schafft  Arbeitsplätze, erleichtert den Strukturwandel und setzt Ressourcen frei, mit denen man die Aufgaben der Zukunft bewältigen kann und günstige Rahmenbedingungen schafft für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.»

Aussichten 2023
Kann der Kanton nach der Pandemie wirtschaftlich durchstarten? «Noch brummt der Wirtschaftsmotor», so Zhuniqi, «heute und morgen etwas niederigtouriger als gestern. Die Zinsen steigen, die Produkte werden teurer, die Inflation breitet sich aus. Die Unternehmen sind mit höheren Kosten, besonders für Energie, konfrontiert. Dadurch verlangsamt sich das Wachstum des Bruttoinlandproduktes. Die Prognosen für 2022 waren mit 2 Prozent noch gut. 2023 sinkt das Wachstum auf 1%, die Arbeitslosigkeit steigt an. Die Arbeitslosigkeit ist seit Monaten historisch tief. Per Ende November 2022 lag die Arbeitslosenquote im Kanton Glarus bei 1.3%. Aktuell gibt es viele freie Stellen auf dem Markt. Sie können nicht besetzt werden, weil schlicht und einfach Fachkräfte fehlen. Das ist schlecht für die Unternehmen.» Die Sofortreaktion darauf: Arbeitskräfte importieren. Doch langfristig gilt es, Junge für die MINT-Berufe zu gewinnen und die Arbeitsfähigen in die digitale Transformation zu führen.

Flächenmanagement als neues Instrument
Morena Zhuniqi freut sich auf die kommende Landsgemeinde 2023, welche wichtige Weichen stellen wird – etwa beim Flächenmanagement. Doch was muss man sich darunter konkret vorstellen? «Erfolgreiche Unternehmen benötigen neben geeigneten Fachkräften vor allem Raum, und zwar am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt und mit der geeigneten Infrastruktur. Fehlende Flächen und Areale hemmen die wirtschaftliche Entwicklung eines Standortes.» Soll die Wirtschaft dagegen blühen, brauche es zur aktiven Standortförderung verfügbare Flächen und strategisch relevante Immobilien und daher wirksame Instrumente wie das Flächenmanagement. Der Kanton will zusätzlich zur wichtigen Exportfähigkeit auch die lokale Wirtschaft stärken.

«Zuerst muss man sich einen Überblick verschaffen, welche Flächen, Areale, Immobilien in welchem Entwicklungsstadium vorhanden sind. Diese Informationen müssen gesammelt, aufbereitet und vor allem auch dargestellt werden.» Aus diesem Grund haben die Departemente Bau und Umwelt sowie Volkswirtschaft und Inneres gemeinsam das Projekt Arbeitszonenmanagement initiiert. «Das Angebot an Flächen und Immobilien, welches wir zur Verfügung haben, ist abzugleichen mit der Nachfrage heute und mit der geschätzten Nachfrage für die Zukunft. Dort, wo die Nachfrage dem Angebot entspricht, kann der Standort wie gewohnt vermarktet werden. Sonst kann man mit verschiedenen Instrumenten aus dem Flächenmanagement punktuell Unterstützung bieten.» Dazu brauche es, so Zhuniqi, die enge Zusammenarbeit zwischen den Departementen.

Kopf in die Luft
Der Wandel eilt der Realität voraus – deshalb besteht die Landkarte der Standortentwicklung aus Flächen und Gebäuden, wo innovative Betriebe sich zu Clustern entwickeln können, und aus Visionen, um die Arbeitsmarktchancen jedes und jeder Einzelnen im Glarnerland zu steigern. Und sie schafft Werkstätten, wo Daniela Düsentrieb und Ilona Musk spielerisch programmieren lernen und mehr über Robotik, Elektrotechnik, Mechanik und Brückenbau erfahren. Denn sie sind es, die dereinst Fahrzeuge, Textilien, Maschinen und Medizin für die Zukunft entwickeln. Bei MINTGL ziehen übrigens mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit auch Eternit, GL IT, Kunststoff Schwanden, Krauss-Maffei, Sauter Bachmann, die Schätti Metallwarenfabrik sowie die Glarner Kantonalbank, das Märchenhotel und die Technischen Betriebe Glarus am selben Strick. Ob also als Unternehmer/-in oder Arbeitnehmer/-in: es lohnt sich, an diesen Feiertagen über das Sektglas hinweg die Nase in die kalte Glarner Luft zu stecken um an der Zukunft zu schnuppern. Vielleicht bringt 2023 ja Innovationen und Erfolge. Das wünscht Ihnen auf jeden Fall das gesamte FRIDOLIN-Team. In diesem Sinne: Guten Rutsch!

FJ

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