1. GlarnerRing: Quantensprung

Drei, zwei, eins – der GlarnerRing geht auf Sendung. (Fotos: FJ)

Vor zwei Wochen titelte der FRIDOLIN noch: «Der nächste Schritt geht in den Ring». Am Montag, 17. Mai, machte das Team den medialen Quantensprung zur Fernsehsendung. In gerade mal 60 Live-Minuten wurde diskutiert, gevotet und mit einem Zuschauer telefoniert. Das klappte reibungslos, so dass den nächsten Podien nichts mehr im Wege steht. Was auf dem Programm steht? Das autofreie Klöntal, die Erschliessung von Braunwald oder gar der Wolf. Auf jeden Fall ein heisses Eisen.

«Mit Interesse habe ich die Geburtsstunde des GlarnerRings mitverfolgt. Ich freue mich und es macht mich stolz, dass Glarner Unternehmen zu solchen Innovationen fähig sind. Obwohl mein Computer zuerst nur ‹Glarnerracing› anzeigte, fand ich mein Ziel und beim zweiten Voting merkte ich sogar, dass ich nach unten scrollen muss. Für Grossmütter nicht ganz einfach!», schreibt Rosmarie Stüssi-Künzle aus Niederurnen. Und Koni Rüegg, der als erster in der Sendung anrief, fordert in seinem Leserbrief vom Folgetag erneut: «Unser Gewerbe ist jetzt schon vorbildlich und innovativ genug, es braucht kein neues CO2 Gesetz.», doch fast 60 Prozent der Zuschauenden waren der Ansicht, dass das neue CO2-Gesetz die Innovation vorantreibt.

Tatsächlich war dieses innovative Gewerbe mit Garagist und AGVS Glarus-Präsident Edwin Koller auf dem Podium im Contra-Lager vertreten, aber wer am Schluss der Diskussion die Gedanken mitverfolgte, welche sich Befürworter und Gegner mitgaben, stellte verblüfft einen Konsens fest: Alle waren sich einig, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden muss, und luden sich gegenseitig dazu ein, innovative Ideen dazu auszutauschen. Nach fast einer Stunde des Wortgefechts ein weiteres Zeichen dafür, wie sachlich und auf hohem Niveau diskutiert worden war. Ja der Übergang zu den weiteren Gesprächen beim Apéro erfolgte fast nahtlos.

Die klugen Fragen
Ein grosses Verdienst kommt dabei Moderatorin Pia Wertheimer zu. Am Anfang der Sendung noch nervös – sie befürchtete, dass keine Diskussion in Gang kommen könnte – drehte sie auf und verstand es, mit unaufgeregten Fragen den Fluss der Gespräche zu lenken. Bloss einmal in 60 Minuten fasste sie nach, weil sie das Gefühl hatte, ihre Frage sei nicht beantwortet, und sie schuf von Beginn weg eine Atmosphäre, in der immer gegenseitiger Respekt herrschte – ein bisschen wie an der Landsgemeinde, wo man sich eben gegenseitig achtet. Wer andere politische Foren zum Vergleich heranzieht, stellte erstaunt fest: Das Pro-Lager mit Ständerat This Zopfi und Landrätin Susanne Elmer Feuz hörte dem Contra-Lager mit Roman Zehnder und Edwin Koller aktiv zu und umgekehrt. Das ging so weit, dass etwa Elmer Feuz, für die die Elektromobilität nicht die Technik der Zukunft darstellt, direkt Edwin Koller fragte, wie er sich die Zukunft der Automobilität vorstelle – das war kein Kampf. Man spürte vielmehr die Bereitschaft, das Thema in der Diskussion verschieden zu beleuchten. Was sonst solche Diskussionen oft giftig und langweilig macht – wenn Teilnehmende einfach ihre vornotierten Argumente herunterbeten –, fehlte ganz. Und doch gab es bemerkenswerte Ergebnisse: Während die Zuschauenden mit einer knappen Mehrheit von 51,5% davon ausgehen, dass es uns trotz C02-Gesetz in den kommenden 30 Jahren nicht gelingen wird, die Folgen des Klimawandels in den Griff zu bekommen, zeigten sich alle vier Podiumsteilnehmenden davon überzeugt, dass dies gelingen kann – mit oder trotz dem CO2-Gesetz. Zudem hatten sich alle sorgfältig, ja minutiös auf die Diskussion vorbereitet. So schaffte es Wertheimer geschickt, die Bedeutung der nationalen Vorlage aufs Glarnerland herunterzubrechen: Einerseits sei das Glarnerland als gebirgiges Gebiet besonders vom Klimawandel betroffen, anderseits habe der Kanton damals Nein gesagt zur Klimastrategie 2050 des Bundes.

Hart in der Sache
Doch obwohl sanft im Ton, war man hart in der Sache. Auf die Frage von Telefonanrufer Rüegg, wie sie als Vertreterin der FDP sich für eine solche «Umverteilungsmaschinerie» und als Liberale für ein neues Gesetz stark machen könne, antwortete Elmer Feuz: «Das Verursacherprinzip ist ur-liberal. Denn ich kann mich da ja selber entscheiden, ob ich Verursacherin sein will oder nicht.» Und als Roman Zehnder die 12 Rappen Mehrkosten beim Liter Benzin als Affront bezeichnete, weil die Land- und Bergbevölkerung stärker aufs Auto angewiesen ist, konterte Ständerat This Zopfi mit den enormen Kosten des Klimawandels und der Lenkungswirkung einer höheren Abgabe: «Das CO2 bekommt einen Preis. Denn sonst sagt sich die Bevölkerung: Weshalb soll ich etws einsparen, wenn es keinen Preis hat. Und Edwin Koller wiederum gab zu bedenken, dass der CO2-Ausstoss sich gegenüber 1990 halbiert habe, obwohl heute mehr Fahrzeuge verkehren als damals.

Wie die Jungfrau
Den reibungslosen Ablauf verdankte die Veranstaltung einem hervorragenden Technikteam und Urs Brütsch, der zur Aufgabe als Regisseur gekommen war wie die Jungfrau zum Kind. Tatsächlich wurden alle in der Crew mit kniffligen Aufgaben konfrontiert – von «Telefon-Operator» Fabio Lutz bis zu Dani Stucki, der die Resultate der Abstimmungen praktisch Sekunden später bereitstellte. Als der Regisseur zum Schluss das Schild «Zeit» hochhielt und man mit einer Minute Verspätung den Livestream beendete, hatten fast alle das Gefühl, die Diskussion habe erst begonnen. Das stimmt insofern, da sich die drei Glarner Bundesparlamentarier zusammen mit Grünen und Klimabewegung bereits vergangene Woche pro CO2-Gesetz aussprachen, während heute Donnerstag, 20. Mai, auf Einladung der SVP in der Werkhalle Trümpi in Mitlödi eine sicher CO2-Gesetz-kritische Podiumsveranstaltung mit Dr. Albert Rösti, Dr. Artur Braun und Roland Goethe stattfinden wird.

Wer den 1. GlarnerRing verpasst hat: Der Livestram ist via https://glarnerring.ch/1-glarnerring-quantensprung/

FJ

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