Auf der Weltkarte ankommen

Titelbild mit «Jüppä-Frigg». (Foto: zvg)

2008 kreierte der Emons-Verlag aus Köln mit «111 Kölner Orte, die man gesehen haben muss» den ersten Entdeckungsführer an abseitige Orte. Diese Führer richten sich nicht nur an Touristen, sondern auch an Einheimische, die ihre Heimat neu entdecken wollen. Von Köln gibt es inzwischen sechs – auch eines über die Kneipen – aber, tadaa!, jetzt gibt es den ersten über den schönsten Kanton der Welt.

Der Verlag sitzt in Köln, die Autorin am Zürichsee, der Fotograf auch. Er heisst Benno Gut und hat bereits den «Weltaltas der Schweizer Orte» fotografiert, also jene Orte, von Basel in Russland bis Locarno Spring in Australien, welche Schweizer Mutterorte im Namen tragen. Darunter natürlich New Glarus, wie könnte es anders sein. Jetzt haben sich Benno Gut und Autorin Petra Koci bis zum Ursprungsort durchgereportet und es erscheint ihre fotografische Reise zu den Glarner Sehnsuchtsorten.

Zigerschlitzgaudi
Genau rechtzeitig für alle jene Agglo- und Stadtbewohnenden, die schon immer einmal in jene gefährlichen Gefilde zwischen Fridlispitz und Nüenchamm reisen wollten, die von Restschweizern mit Durchblick zuweilen «Zigerschlitz» genannt werden, was wohl inzwischen als ironische Selbstbezeichnung auch von den Einheimischen dieser «Besten aller möglichen Welten» übernommen wurde. Als Glarnerin oder Glarner fragt man sich zuerst einmal: Gibt es denn 111 Orte im Glarnerland, die man gesehen haben muss? Wer Koci/Gut durchblättert, muss zugeben ja – vielleicht sogar noch einen oder zwei mehr.

Die üblichen Verdächtigen
Die beiden haben neben den üblichen Verdächtigen wie Freulerpalast und Raststätte Glarnerland – ja, ich weiss, dass Bill Clinton dort einmal ausgetreten ist, und «Brangelina», sagt meine Frau – auch Orte auf der Liste, welche selbst eingefleischte Kantonsbürgerinnen noch nie mit der nötigen Zuneigung betrachtet haben dürften. Etwa das Plakathäuschen in Niederurnen oder das Schwesternhochhaus in Glarus. Ja, Architektur macht berühmt. Und man darf vergnügt feststellen, dass sie – wie gute Touristen – gegrübelt und gegraben haben, bis Wasser kommt. Deshalb darf das neu erschienene Buch in keinem guten Glarner Haushalt fehlen – schon deshalb, weil wir ja, als frisch gebackene Touristikerinnen und Touristiker jenen Armen Seelen, die sich tatsächlich zum Seppä-Bänkli in die Ennetberge oder zu den Hühnern nach Mitlödi oder auf den Heerweg oder in den Arschwald verlaufen, die passende Geschichte dazu erzählen wollen. Die Gefahr besteht nämlich, dass auch die eigenen Kinder und Enkel nachfragen. Mit denen könnte man ja – jetzt im Jahr nach dem «annus horribilis» – auch die eine oder andere der 111 Pilgerstätten aufsuchen.

Praktische Box
Praktischerweise nennt Koci in einer separaten Box immer Adresse, ÖV- und sonstige Anreise, wo nötig auch Öffnungszeiten, Kontaktdaten und Webadresse und gibt dann jeweils noch einen Tipp, so für nebenbei, der sich für Touristen und Einheimische als segensreich erweisen könnte. Insbesondere aber wissen wir Glarnerinnen und Glarner mit «111 Orte» in der Tasche, wo Touristen auftauchen könnten – etwa im Schnapsladen von Pianta, im Gäsi-Kiosk oder am Sonntag bei Café Konditorei Müller und natürlich, jedenfalls sommers, in unseren geliebten Bergbadeanstalten. Nein, daran führt jetzt kein Weg mehr vorbei – ist alles in die Welt hinausposaunt.

Petra Koci: «111 Orte im Kanton Glarus, die man gesehen haben muss» mit zahlreichen Fotografien von Benno Gut. Köln, Emons Verlag 2021. ISBN 978-3-7408-1066-5, 240 Seiten. Im gepflegten Buchhandel vorrätig.

FJ

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