Aus dem roten Helm ins bunte Kostüm

Zum Ende der Aufbauarbeiten trafen sich alle vor der Bühne. (Foto: Søren Ehlers)

In Lachen, Weesen und zuletzt Glarus traten 26 Jugendliche mit einem anspruchsvollen und fröhlichen Programm auf. Dass es ganz viel Arbeit im Hintergrund zu tun gibt, bevor man im Rampenlicht glänzen kann, haben die jungen Menschen auf beeindruckende Weise verinnerlicht.

Über den Zaunplatz weht ein Duft von Popcorn. Am hinteren Ende, vor dem Zaunschulhaus, steht eine kleine Wagenburg aus Wohn- und Zirkuswagen. Dazwischen sitzen 26 Jugendliche an langen Tischen beim frühen Abendessen. Es ist erst 17.30 Uhr, doch die Aufführung drüben vor dem Rathaus beginnt um 19.00 Uhr und es ist noch viel zu tun. Unter anderem: Popcorn machen! Am 31. Juli gastiert das Programm «Jugendliche auf Tournee» des Zirkus Mugg in Glarus. Das Publikum strömt herbei, sitzt stilecht auf roten, gepolsterten Bänken unter freiem Himmel, alle Plätze sind besetzt, vom Enkel bis zum Grosi sind alle dabei. Es wird viel Popcorn verzehrt.

Aufbau-Ballett
Am Morgen ist der Zirkustross von Weesen herkommend auf dem Rathausplatz eingetroffen. 26 Jugendliche und drei Erwachsene steigen aus. Alle tragen rote Bauhelme und Warnwesten. Sofort beginnt eine emsige Tätigkeit. Die Zuschauertribüne aus Metallelementen, Holzböden und Polsterbänken wird aufgebaut. Die Bühne, zwei Meter über dem Boden, wird überspannt von einem Baldachin, in fünf Metern Höhe müssen bunte, reissfeste Tücher aufgehängt werden.

Auch als die Erwachsenen weg sind, läuft der Aufbau ab wie eine Choreografie. Alle wissen, genau, was zu tun ist, niemand steht herum. Das macht einen kontrollierten und sicheren Eindruck. «Wir haben fünf Teams: je eines für den Bühnenaufbau, den Tribünenbau, das Entladen des Materials in der richtigen Reihenfolge, das Bereitstellen aller Kostüme und Requisiten und das Einrichten des Verkaufswagens», erklärt ein 16-jähriges Mädchen. Sobald die Aufbauarbeiten gemacht sind, treffen sich alle vor der Bühne. Erst jetzt werden Helm und Warnwesten ausgezogen. «Mit diesem kleinen Ritual stellen wir sicher, dass die Sicherheitsrichtlinien von allen eingehalten werden», erklärt Co-Leiter Ischa ­Muggli.

Waghalsig in Sicherheit
Entstanden ist mit «Ozean» ein buntes und fröhliches Programm – eröffnet wird es ganz in Weiss mit einer Matrosentanznummer. Eine poetische Nummer folgt mit dem Tanz der Krabben, bevor die ganze Truppe in grünem, violettem und schwarzem Sport-Outfit einen weiteren, energiegeladenen Tanz vorführt und das Publikum zum Mitklatschen bringt.

Zwei Akrobatinnen machen Spagate am Trapez, «Blumenfische» sind zugegen, während mit Bällen und Ringen jongliert wird. Unter den wachsamen Augen eines grünen achtarmigen Tintenfisches folgt eine Nummer mit acht Einrädern auf der hohen und plötzlich sehr klein wirkenden Bühne. Dann wird an zwei dünnen, hohen Masten wilde Akrobatik vorgeführt: Vier Piratinnen und Piraten klettern affengleich fünf Meter in die Höhe, schwingen sich von Mast zu Mast, lassen sich in die Tiefe sausen und stoppen kurz vor dem Boden. Das im Training angeeignete Sicherheitsgefühl zeigt sich in der ruhigen und kontrollierten Ausführung.

Ebenfalls hoch hinaus geht es mit Nummern an sogenannten Vertikaltüchern, wo sich die Akrobatinnen und Aktrobaten ins Tuch fallen lassen. Die Ideen dazu hat eine Teilnehmerin im Internet gefunden: «Das habe ich dem Trainer gezeigt, und wir haben die Nummer angepasst und erarbeitet.»

Adieu mit Abschiedstränen
All das haben die Jugendlichen zusammen mit ihren Trainern und Regisseurin Milu Muggli erarbeitet. Die Nummern wurden dank grosser Eigeninitiative möglich, wie eine Teilnehmerin erzählt. «Wir haben uns immer sicher gefühlt, auch bei schwierigen Nummern. Die Trainer haben uns super unterstützt, ohne Druck zu machen.»

Ischa Muggli erklärt: «Wir haben ihnen keine fertigen Nummern zum Einüben gegeben, sie mussten selbst mit ihren Vorschlägen und Wünschen kommen.» Die Vielfalt und das Niveau der Vorführung beweist, dass die Jugendlichen diese Chance gepackt haben.

Die Tournee 2025 ist inzwischen vorbei und es gab viele Abschiedstränen. Ischa Muggli ist überzeugt, dass viele der Teilnehmenden den Kontakt untereinander und zum Zirkus aufrechterhalten werden. «Es kommen immer wieder Ehemalige zurück. Unsere beiden Lager-Köchinnen waren früher als Jugendliche auf der Tournee, viele machen mehrmals mit und es entstehen immer wieder langjährige Freundschaften.»

Søren Ehlers

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