Vom Brummen zum Summen

Elektrisiert: Jedes dritte Auto, das Cesare Tondo verkauft, läuft mit Strom. (Foto: Delia Landolt)

Elektroautos faszinieren. Ihr geschmeidiger Fahrstil, der summende Motor, Strom statt Benzin. Doch es bleiben Fragen – wo kann ich laden, wie lange hält der Akku, wie viel graue Energie entsteht bei der Produktion? Ein junger Unternehmer will diese Unsicherheiten mit einem einfachen Konzept lösen. Seine Garage: mitten im Verkehrsgetümmel beim Wiggispark.

Klassisch riecht es im Showroom nach Pneus, aber brummende Motoren hört man keine: Ausgestellt sind in der ­Garage Tondo in Netstal einige Elektroautos. Cesare Tondo, 33-jährig, elegant gekleidet, passt in die glänzend-schwarze Flotte. Überzeugt von der nachhaltigen Mobilität fährt der CEO seit 2018 elektrisch. Sein ganzes Team ist mit E-Autos unterwegs, und jedes dritte von ihnen verkaufte Fahrzeug ist ein E-Auto. Das sind 10 Prozentpunkte mehr als im schweizweiten Durchschnitt. Doch noch liegt das Glarnerland mit einem Elektroanteil von 4,1 Prozent (etwas mehr als 1000 Fahrzeuge) im Schweizer Durchschnitt. Die Garage Tondo spürt bei ihren Kunden ein Zögern gegenüber dem Wechsel zum E-Auto. Um dem entgegenzuwirken, verfolgt die Garage zwei Ansätze.

Ansatz 1 – mieten statt kaufen
Seit einem halben Jahr bietet die Garage Tondo Stromautos im Mietmodell an, bei dem Service und Reparaturen inbegriffen sind. Mit einer flexiblen Laufzeit von 1 bis 4 Jahren ist die Automiete unverbindlicher als ein Leasing. Die E-Automiete soll den Umstieg einfacher gestalten – denn die E-Mobilität zu «erfahren» sei einfacher, als sie verstehen zu wollen, erklärt Cesare Tondo. Ebenfalls mit dem Mietmodell arbeiten «The Hire Guys» in Netstal und bei der Freihof Garage in Näfels gibt es E-Autos für die Langzeitmiete auf Anfrage. Bisher vermietete die Garage Tondo nur über Zwischenhändler. Einer davon ist «Clyde». Die online Mietplattform gehört zur Amag Group AG. Der CEO von «Clyde», Fabrizio Tollin, weiss, wonach seine Kundschaft sucht: «Innovation und Flexibilität». Daran arbeite die Amag genauso wie die ­Garage Tondo.

Ansatz 2 – Fachwissen im Betrieb
Für die Elektrifizierung des Verkehrs sind neben dem Autoverkauf auch im Hintergrund Änderungen nötig. «Bei Verbrennermotoren haben wir eine sehr grosse Reparatur-Tiefe», erklärt Cesare Tondo. «Die Technik in E-Autos funktioniert ganz anders, trotzdem streben wir dieselbe Tiefe an.» Dafür arbeiten drei ausgebildete Automobildiagnostiker in der Garage Tondo in Bad Ragaz. Von diesen Hochvolt-Experten, die Batterien ersetzen oder auseinandernehmen, gibt es schweizweit erst etwa 50. Mit ihren Kompetenzen will Tondo das Wissen in seiner Firma haben und damit seiner Kundschaft Sicherheit geben.

Einmal elektrisch, immer …
Die Amag geht mit Streben nach dem Strom über die Werkstatt hinaus und hat 2022 Helion übernommen. Die Firma liefert Ladestationen und bei Bedarf die Solaranlage dazu. 400 eigene Schnellladestationen hat die Amag im Land verteilt – ihre Kunden können dort günstiger «tanken», denn gerade an Raststätten ist der Strom oft teurer als Benzin. Für Fabrizio Tollin von der Mietplattform Clyde wie für Cesare Tondo ist klar: Es braucht Anreize für Elektromobilität, damit der Wandel geschieht. Die Mietmodelle sollen «einen einfachen Einstieg in die Elektromobilität schaffen», erklärt Fabrizio Tollin. Seit Januar 2024 vermietet «Clyde» nur noch E-Autos. Er weiss: «80 Prozent der Personen, die ein Elektroauto gefahren sind, bleiben dabei.»

Dreimal effizienter unterwegs​
Auch der Bund will die Verkehrswende vorantreiben: Ende 2025 soll jeder zweite Neuwagen mit Strom laufen. Die wichtigste Massnahme: ein Schnell-­ladenetz entlang der Nationalstrassen. Er liefert auch die Fakten zu den kritischen Fragen: Bei der Produktion eines E-Autos fallen mehr Treibhausgas-Emissionen an als bei einem Verbrenner. Da es jedoch dreimal effizienter fährt, sind diese nach 30 000 Kilometern kompensiert. Die Batterie hat eine Lebensdauer von bis zu 450 000 Kilometern. Fällt die Akkukapazität auf unter 70 Prozent, kann sie als Speicher einer privaten Solaranlage genutzt werden, bevor sie recycelt wird.

Synonym für Emotion
Der Verkehr in der Schweiz ist für 34 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Durch Lärm und Luftverschmutzung fallen enorme Kosten an zulasten des Gesundheits- und Umweltsektors. Die Elektrifizierung allein reicht nicht für eine zukunftsfähige Mobilität – die öffentlichen Verkehrsmittel, Sharing-Angebote und das Velo bleiben weiterhin wichtig. Was bleibt: «Das Auto ist ein Synonym für Emotionen und Status», sagt Fabrizio Tollin, CEO von «Clyde». Und das ändert sich nicht so schnell wie die Technik eines Autos.

Delia Landolt

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