Drei Monate bereiteten sich die Primarschüler/-innen in Oberurnen auf ihre Landsgemeinde vor, auf dem Turnhallenplatz war dann sogar Landammann Kaspar Becker dabei. Nun geht es Schlag auf Schlag, denn von Freitag, 30. Mai, bis Sonntag, 1. Juni, steht das dreitägige Dorffest auf dem Programm.
«Fernab der bekannten und institutionalisierten Kanäle sind unzählige kleine und grössere Möglichkeiten zur Partizipation am politischen Leben denkbar.» So steht es etwas trocken im 20-seitigen Papier der Regierung an den Landrat, denn in dieser Legislaturperiode soll die politische Partizipation gefördert werden.
Kulturelle Praxis
Doch wie schafft man Partizipation? Wie bringt man Kinder dazu, bei der Politik mitzumachen? Auf diese Frage haben die Lehrpersonen der Primarschule Oberurnen eine naheliegende Antwort gefunden und mit ihnen eine Schülerlandsgemeinde organisiert. Nachdem – schon im Februar – ein Wahlkampf für den fünfköpfigen Schülerregierungsrat stattfand, konnten alle Klassen Memorialsanträge einreichen. So wollte etwa der Kindergarten Hobi ein Hochbeet und der KiGa Bizozzero einen Brunnen auf dem Spielplatz, die 3./4. Klasse setzte sich für eine Sommerparty ein und dafür, dass es jedes zweite Jahr ein Schullager gibt, die 5./6. Klasse wollte eine Hausaufgabenhilfe im Jugendraum. Der Regierungsrat behandelte sämtliche zehn Anträge. Mindestens einer sprengte das Budget der Schule, die Indoor-Rutsche durchs Schulhaus. Hier stellte die Regierung Ablehnungsantrag.
Sonne, Stände, Selbstwirksamkeit
Spannend an dieser Form der Schülerpartizipation: Jene Anträge, die sich durchsetzen, wollte man – sofern möglich – an der Schule tatsächlich umsetzen, was Schulleiterin Olivia Galliker Danz bestätigt. Das Lernziel: Ich kann mit meiner Stimme in der Schulpolitik etwas verändern, ich darf selber aktiv werden. Man nennt dieses Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten Selbstwirksamkeit. Deshalb war diese Schülerlandsgemeinde eine ernsthafte Sache und nicht bloss ein lustiges Nachspielen. Gemessenen Schrittes ging es im 2/4-Takt des Landsgemeindemarsches auf den Sportplatz. Die Regierung mit Schülerlandammann Samuel Alan voraus, dahinter Landammann Kaspar Becker sowie Landrätinnen und Landräte aus Oberurnen. Zweihundert Kinder – vom Kindergärtler bis zur 6.-Klässlerin – sassen gespannt in der Sonne, legten sich ihre Landsgemeindereden zurecht und lauschten auf die Vorschläge ihrer selbst gewählten Regierung. Vorne war ein Zelt, hinter der Versammlung waren Marktstände aufgebaut.
Politische Kultur
Wie bei der Landsgemeinde auf dem Zaunplatz hat auch diese Versammlung ihre eigenen Regeln und Hürden. Mehrmals muss Landammann Alan zweimal abstimmen lassen, meist folgt das Volk der Regierung, doch bei den Klassenlagern stellt Levin Hartmann Ablehnungsantrag mit der Begründung, dass viele Kinder – auch er – dort Heimweh bekommen. Geradezu salomonisch ist die Lösung beim Staudammbrunnen zum Experimentieren für den Kindergarten. Regierungsrätin Caroline Tschudi findet das eine gute Idee. Nora findet, es sollen auch die Schulkinder damit spielen dürfen. Lea von Klasse 3 will dagegen den Brunnen auf dem Pausenplatz reparieren oder ersetzen. Ein Ablehnungsantrag findet, die Kinder hätten schon viel anderes und es sei zu teuer. Der Zusatzantrag Nora wird mit grossem Mehr angenommen. Dann wird beschlossen, keinen neuen Brunnen zu bauen, sondern zu reparieren. Ab sofort dürfen aber die Kinder des Kindergartens den Brunnen der Schule mitbenutzen. Nächstes Jahr ist ein Schülerparlament geplant – Schritt für Schritt geht es zur Politik, die Ältesten hier dürfen bereits in vier Jahren abstimmen.
Kompromiss und Feierlaune
Dass man in Oberurnen gerne zusammen ist, zeigen die Anträge für Spielenachmittag oder Sommerparty. Auch die «Grossen» feiern gerne, am legendären SchmuDo und an der dreitägigen Chilbi, die allerdings 2025 aufs ESAF-Wochenende fällt. Doch die Oberurner wären nicht die Oberurner, wenn ihnen dazu keine Lösung eingefallen wäre. Die Chilbi wird einfach vorgezogen und vom kommenden Freitag- bis Sonntagnachmittag als Dorffest gefeiert. Mit Burgführung, Entenrennen, Klassentreffen, Frühschoppen und Festgottesdienst. Am Sonntag tritt die Stubetä Gäng auf, am Samstag ist Band-Festival. Informationen auf dorffestoberurnen.ch. Denn das Leben – ob gesellschaftlich oder politisch – spielt sich im Dorf bei den Leuten ab.
FJ