So wollen sie die Glarner Badi retten

(Von rechts) Initiantin Catia Bello und Vereinspräsident Res Schlittler wollen auch diesen Sommer in die Glarner Badi.(Foto: FJ)

Der Gemeinderat Glarus beschliesst an seiner Sitzung vom 6. März «den Betrieb für das Freibad Ygruben in Glarus für die Sommersaison 2025 nicht aufzunehmen.» So steht es in seinem Protokoll. Damit will er in diesem Jahr 150 000 Franken Betriebskosten sparen. 

Als dieser Beschluss am 20. März publiziert wird, löst das einen Wirbel aus, der sich zu einem Sturm entwickelt. Der «Blick» schreibt vom «Sparhammer», was die «Glarner Nachrichten» tags darauf wiederholen.

Für Catia Bello aus Mollis ist das ein klarer Fehlentscheid. Sie startet die Online-Petition «Badi Glarus muss bleiben! Gemeinsam für den Erhalt». Damit möchte sie mindestens 500 Unterschriften sammeln. Kaum hat sie den Link zur Unterschriftensammlung auf ihrem LinkedIn-Account gepostet, geht die Post ab. Der Link erscheint auch auf Facebook, Instagram, dem Nachrichtendienst WhatsApp und weiteren elektronischen Plattformen.

«Ohne Badi geht nicht!»

Am nächsten Morgen freut sich Catia: Über 250 Personen haben unterschrieben und viele den Entscheid des Gemeinderates kommentiert. Zum Beispiel A. B. aus Glarus: «Mit der Schliessung der Badi Glarus erpresst der Gemeinderat die Bevölkerung, um im Herbst die Steuererhöhung zu bekommen. Dies auf Kosten von Familien und Älteren.» P. Z, auch aus Glarus: «Als Benützer der Badi Glarus seit über 70 Jahren kann ich diesen Entscheid schlichtweg nicht verstehen. Das auch angesichts des wohl doch eher geringen Spareffekts für die Gemeindefinanzen.» Selbst Bewohner aus anderen Gemeinden ärgern sich: «Die kleinste Hauptstadt ohne Badi geht nicht!». 

Unverständnis und Empörung wachsen. In den sozialen Medien brodelt es, die Nachrichten auf den Handys melden im Minutentakt neue Mitglieder in der WhatsApp-Gruppe «Pro Badi Glarus». Zugleich keimen Ideen, wie die Badi diesen Sommer offen gehalten werden kann: «We gsächs us mit emenä Crowdfunding?» Catia berichtet von aufmunternden Reaktionen: «Gerade eben hat mich ein betroffener Einwohner angerufen und sich bei mir bedankt. Er wird einen Leserbrief einreichen.»

Es werden Massnahmen konkretisiert

Ursi Hauser und Res Schlittler sind regelmässige Badibesucher. Sie entschliessen sich, mit weiteren Badigästen Massnahmen zu konkretisieren. Am Sonntag, 23. März, treffen sich neun Personen bei Res zu Hause. Die Gespräche pendeln zwischen Wut, Ärger und Tatendrang. Eines ist klar: «Die Schliessung müssen wir verhindern.» Bei der Suche nach wirkungsvollen Massnahmen leuchtet das Crowdfunding auf, man will Geld für den Betrieb übers Internet sammeln. Doch dazu muss ein Verein gegründet werden; das heisst: Statuten schreiben, Gründungsversammlung einberufen, Personen für Präsidium, Finanzen und Protokoll bestimmen. 

Die Zeit läuft, die Arbeit beginnt. Res schreibt Statuten und stellt sie elektronisch zur Diskussion. Es wird ein Inserat gestaltet. Zugleich laufen Abklärungen: Ist das Vorgehen des Gemeinderates juristisch korrekt? Wie stehen Einnahmen und Ausgaben der Badi Ygruben im Vergleich zu jenen in der Badi Goldigen in Netstal? Ist die Glarner Badi ein denkmalgeschützter Bau?

Treffen mit dem Präsidenten

Am Donnerstag, 27. März, will Catia die Unterschriften dem Gemeinde­präsidenten Peter Aebli übergeben. «Er war sehr beschäftigt und sagte, ich solle um 18.00 Uhr wiederkommen», schreibt sie auf WhatsApp. Doch dann hat sie keine Zeit. Inzwischen sind es bereits 2138 Unterschriften, diese übergibt sie der Gemeindekanzlei und berichtet darüber mit einem Video auf elektronischen Kanälen. Zudem ruft sie auf, den Gemeindepräsidenten in der Sprechstunde zu besuchen. Später sitzen zehn Personen in seinem Büro. Zum wiederholten Mal muss er sich den Ärger seiner Einwohnerinnen und Einwohner anhören. Jetzt reden zehn Personen auf ihn ein, manchmal tönt das etwas aggressiv. Aebli wiederholt, was er zuvor an Res Schlittler gemailt hat: «Der Gemeinderat wäre bereit, die Badi Ygruben, Glarus, im Sommer 2025 zu eröffnen, wenn bis spätestens am Mittwoch, 30. April, zur Finanzierung ein Betrag von 150 000 Franken zusammenkommt oder verbindlich zugesichert wird.»

Die Aktionen laufen: Ein Vereinslogo, Videos, Flyer und probadiglarus.ch werden erstellt. Immer neue Personen unterstützen die Aktion: am 2. April sind 305 Badiretter in der WhatsApp-Gruppe, 2229 Personen haben die Petition unterschrieben. Nach der Gründungsversammlung vom Freitag, 4. April, mit 171 Personen startet das Crowdfunding. Am Dienstag, 8. April, informiert der Vorstand der Glarner Gemeinnützigen, man werde die Restbetriebskosten für 2025 – also maximal 150 000 Franken – mit einer Defizitgarantie decken. Das gewinnt Zeit für Lösungen, denn man ist sich einig: «Wir retten die Badi.»  
Fredy Bühler

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