Atmosphären des Bewusstseins

Ein Atelier als Wintergarten schenkt Lisa Eikrann kreative Zeiträume. (Foto: zvg)

Raum-Künstlerin Lisa Eikrann erweitert ihre Wahrnehmung durch begehbare Skulpturen. Holzstrukturen lassen den Geist Weite spüren. Eikrann reflektiert sich im Erschaffen ihrer Kunst.

Es sind Innenräume, die verwandelt wirken. Holzräume aller Art gliedern sich im Portfolio der Künstlerin Lisa Eikrann aus Glarus. Alle Werke, welche die gebürtige Norwegerin dem Holz räumlich einverleibt, haben den Effekt des Begehbaren in sich. Was im Eingang einer Räumlichkeit in uns Empfindung, Bewegung erfährt, kommt mit in den Fokus. Die Künstlerin vergleicht die Raumdynamik ihres Kunststils gerne mit den Innenwelten unseres Alltags. Gänge beispielsweise offenbaren sich uns in vielschichtiger Weise – abhängig davon, wo wir uns durch sie entlangführen lassen. Je nach Position im räumlichen Bewusstsein umschliesst unser Gefühl auch erweiterte Sphären der Innenwelt. Inmitten von natürlichen Weiten lässt uns das eigene Dasein spüren, wie viel Raum wir uns selbst zugestehen. Lisa Eikrann liebt Klassiker der Literatur. Werke von Franz Kafka geben ihr das, was sie sich selbst bereit ist zu schenken. Oft ist nicht alles auf Knopfdruck verständlich für die eigene Lebensrealität. Die Künstlerin spricht sich dafür aus, die Welt als Gefühl geduldig in Selbst-Form einnehmen zu lassen, nicht nur räumlich, sondern zeitlich.

Dimensionen des Daseins
Neben den Werken im Geist von Raum und Zeit sind in Eikranns Kreativität bemalte Holzflächen eingebunden. Mit Holzfarbgemälden lässt die Künstlerin in jeder Perspektive eine einzigartige Erfahrungswelt aufgehen. Eikrann fertigt nicht Werke für den Schöngeist der Massen. Sie empfindet es als Gewinn, wenn eine Betrachterin sich selbst in einem der Holzfarbräume innerlich vertieft. Jedes Gemälde darf als Herzform unseres Bewusstseins eine neue Kammer der Freiheit auffinden. In der Freiheit ist die Kraft für Transformationen gespeichert. Je mehr wir ins Bewusstsein aller Form eintauchen, desto mehr beginnt unser Gefühl, alle Innenwelt in sich mit Liebe auszukleiden. Im Dialog erlebe ich, wie Lisa Eikranns schöpferisches Empfinden für mich die Welt als lichtvolle Wirklichkeit belebt. Wo ich mich den Holzfarbgemälden hingebe, denen sich Eikrann nun ausschliesslich widmet, zeigt sich mir auch meine Existenz, als von Licht umhüllt – bereit, alle Räume des Jetzt in mir erstrahlen zu lassen. Ihre Werke schenken meinem inneren Licht den Entfaltungsraum, worin das optimale Reich meines Herzens begehbar werden darf.

Eine Maltechnik vertieft sich in Klang
Holzgemälde sind jeweils durch einen klassischen Komponisten inspiriert. Eikrann trägt Tinte auf Sperrholz auf, sodass jedes Gemälde – wie ein klassisches Musikstück – in sich eine geballte Fülle von Sinneseindrücken verkörpert. Das Vorbild für ihre Werke: Wie «Nähe und Ferne» oder «Licht und Dunkelheit» als bewegte Kontraste Verbindung ineinander spüren lassen. Eine neue Struktur, die das Gleichgewicht in der Welt auszeichnet. Wo immer Betrachter ins Bewusstsein von Werken gleiten, darf sich der Schwerpunkt der Wahrnehmung in der Welt weiten. Sie ist fernab unserer Sinne auch in allen Räumen bereits umhüllt. Wir werden von aussen her im Raum als dessen Gefühlswelt wahrgenommen. Lisa ­Eikranns Kunst lässt das Bild einer Innenwelt in uns erwachen, worin alle Räume des Selbst klangvoll ein Bewusstsein beschreiben. Jonas Weber

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