Antonio Wehrlis Glücksbringer? Farbe!

Energie im Bild entdecken. Antonio Wehrli bei einer Vernissage. (Foto: Kaspar Schiesser)

Künstler Antonio Wehrli reflektiert seine Werke unter dem Thema «Glücksbringer Farbe». In jedem Kunstwerk sind individuelle Motive und globales Mitgefühl zum Einklang verwoben. «Künstler und ihr Glauben» zeigt Eindrücke des lokalen Kunst-Bewusstseins. Glarner Kunstschaffende begleiten den Dialog zu ihrem Schaffen und den Sehnsüchten dahinter.

Wo Farbe in uns als Gegenkultur erwacht

Läuft man der Freibergstrasse in Schwanden entlang, bewegt man sich ins Feld einer farbenprächtigen Raumzeit des Fühlens, es ist der «Art Space» – also der Kunstraum. Die schöpferische Kraft, welche uns mit dieser kunstvollen Gegenbewegung abholen will, heisst Antonio Wehrli. Wehrli fühlt eine innere Bewegung zur Reise in ferne und vertraute Weltteile. Der gebürtige Zürcher ist tagein, tagaus beflissen, die Lebensformen diverser Kulturen des Planeten auf Leinwände zu bannen. Passanten sollen sich nicht mehr betrachtend, sondern als Träger von bunten Gedanken selbst als Teil des grossen Raumes ihres Herzens erkennen.

Bewusstsein ausserhalb

In unserer abendländischen, also westlichen Kultur ist vor allem das von Bedeutung, was strukturiert in einem Begriff erfasst werden kann – seien es ein Berg, der Mensch, ein Gesicht oder ein Feuer. Je östlicher wir in die Gefilde Asiens treiben, desto mehr beginnen alle Begriffe des Denkens nur noch im Hintergrund zu agieren. Bedeutung gewinnt nun, was in den Leerräumen der Wirklichkeit – fernab von Struktur – ein Bewusstsein umfasst. Wie auch in Wehrlis Schaffen tritt nun «das Dahinter» – also etwa Landschaften – ins Zentrum der Beschreibung. Antonio Wehrli geht es darum, aktive und lebensbejahende Quellen unseres Selbst aufs Bild zu holen. Diese Ressourcen müssen nicht erst erfunden werden. In Anlehnung an die Bewegungskunst Tai Chi werden die Wellen der Aussenwelt als positive Resonanz im Innern nachgeahmt. Früher diente Tai Chi als «Versteck» für die Kampfkunst Kung Fu, denn Kung Fu war verboten. Da Kung Fu nicht auf Kraft aufbaut, sondern auf dem stillen Einklang in sich selbst, liess es sich gut in die sanften Tanzformen des Tai Chi einweben.

Die Einflüsse Fernostasiens rückten nicht aus Gründen der Publikumswirksamkeit in die gestalterische Gegenwart Wehrlis. Nein, das in China gelegene Chengdu lässt Antonio Wehrli immer wieder in eine zweite Heimat zurückfinden. Der Künstler lebt aber mit seiner aus China stammenden Frau und den gemeinsamen Kindern in Nidfurn.

Icebreaker

In Wehrlis Augen sind die meisten Menschen an virtuelle Raumkulissen gewöhnt. Diese stummen Zentren der Zwischenmenschlichkeit wirken eher blass und unnahbar. Als Gegenkultur dazu nennt Wehrli den alten Ford Mustang, welchen er mit dem typischen Farbfluss seiner Innenwelt «überarbeiten» durfte. Der Motor ist laut und schaffe es, so Wehrli, die schweigsame Kultur der Menschen hierzulande mit seinem Brüllen liebevoll zu durchbrechen. Diese Kunst besticht in Antonio Wehrlis Augen dadurch, dass sie nicht linear – also zielgerichtet – agiert, dafür aber aus den Sphären unserer Träume Lichtblicke sendet. «Wenn Menschen heutzutage Träume aussprechen, klingt das gerne massentauglich», analysiert der grosse Mann mit Old School-Pulli. Die Kunst aus Schwanden möchte hier das Eis brechen. Träume dürfen im Erblicken der Farbgewalten wie ein Eisbrecher durch die gefrorene Masse des Alltags ragen. Diese Traumwelten beherbergen im Sinne der «Art Space»-Fabrikate viel mehr Energie als die farblosen Kunstformen unserer Zeit. Es seien energetische Kraftorte, die unserem Traum-Ich zu eigen sind. In diesen Kraftzentren sich selbst neu zu positionieren, lasse grundsätzlich freiere Formen von Energie zu.
Jonas Weber

 

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