Sobald der «cheibe» FRIDOLIN kommt

Tamara Staub (mit dem Elektrotöff) und ihre Schwiegermutter mit 700 FRIDOLIN-Zeitungen unterwegs in Näfels. (Foto: FJ)

Was wird nur aus dem traditionellen Weihnachtstrinkgeld? Mit Corona kam diese schöne Tradition fast völlig zum Erliegen. Zeitungszustellerin Tamara Staub aus Näfels gewährt Einblick in ihren Verträgerinnenalltag. Vielleicht ja eine Motivation, sich mal bei Ihrem Zeitungsverträger zu erkundigen, wie Sie ihm oder ihr einen Weihnachtszustupf zukommen lassen.

Die meisten Zeitungsabonnentinnen sind unglücklich, wenn ihr geliebtes Blatt einmal im Briefkasten fehlt. Das gilt auch für den FRIDOLIN, der zwar gratis kommt, aber nichtsdestotrotz heiss geliebt wird. Das bestätigt auch Zustellerin Tamara Staub aus Näfels: «Ich verteile am Mittwochabend und am Donnerstagmorgen ab 03.00 Uhr in der Früh mit meiner Schwiegermutter 700 FRIDOLINE im Dorf Näfels. Das dauert 3 bis 3½ Stunden. Ich mache das, weil ich den Kontakt zu den Leuten liebe, und ich erlebe, wie sie Freude haben, wenn sie den FRIDOLIN bekommen, sie plangen richtig darauf. Gerade wenn ich am Vorabend komme, freuen sie sich – und sie sind dankbar, dass ich ihn ihnen bringe, das merke ich schon.»

Die Verträgerin
An diesem Mittwochabend kommt der FRIDOLIN mal wieder später – es war Landrat, was den Drucktermin nach hinten verschob. «Ich mache ab 06.15 Uhr am Morgen jeweils Mahlzeitendienst für die Spitex und verteile nachher noch «Quickmail». Den FRIDOLIN bringe ich zum grössten Teil schon am Mittwochabend und frühmorgens ab drei mit den «Glarner Nachrichten». Ich warte jetzt drauf, bis der cheibe FRIDOLIN kommt. Ich fahre dann mit dem Auto nach Niederurnen, lade hier um in den Post-Töff und die Schwiegermutter lädt ihren Wagen, dann beginne ich hier unten bei den Rasts. Da ich mit dem Post-Töffli gehe, habe ich das Licht, Schwiegermutter hat eine Kappe mit einer Lampe. Sie hilft mir, denn wir haben einen grossen Bauernhof, da ist alles knapp bemessen.» Montag bis Sonntag stellt Tamara Staub zudem die «Glarner Nachrichten» zu. Die Ansprüche an eine zuverlässige Zustellung sind hoch. «Ich werde pro Zeitung bezahlt und nehme es sehr genau, ich möchte nicht, dass es eine Reklamation gibt.» Aber ist den Leserinnen und Lesern bewusst, welche Arbeit dahinter steckt? «Das schwierigste ist das Wetter, wenn es hudlet und tut, ich mache alles mit dem Elektrotöff, das ist nicht so einfach, die Zeitung da trocken in die Briefkästen reinzubringen, aber sonst gibt’s nichts, was ich schlimm empfinde.»

Wenn’s «strubusset …»
Tamara Staub kommt ursprünglich aus Thun, wo alle ihre Geschwister leben. «Mit 17 Jahren kam ich ins Glarnerland nach Beglingen, da gab’s den ‹Talblick› noch. Ich wollte ein Jahr bleiben, lernte aber meinen Ex-Mann kennen, der kam von Beglingen, so blieb ich.» Staub hat zwei Kinder von 21 und 35 Jahren und einen neuen Partner, sie arbeitete im SGU und danach in der «Trattoria» in Weesen. Jetzt arbeitet sie mit auf dem Bauernhof ihres Partners. «In so einem Betrieb ist man angebunden, da muss man genau schauen, was man nebenher machen kann, damit es sich nicht überkreuzt – z. B. Zeitungen vertragen.» Doch das ist anspruchsvoller, als es erscheint: «Man muss bei der Sache sein, mit dem Kopf.» Besonders, wenn sie nachts gleichzeitig FRIDOLIN und «SO» verteilt. «Ich habe kein Fahrtenbuch: Ich hätte zwar eines auf dem Handy, aber ich brauch’s nicht mehr, ich habe alles im Kopf.» Gerade wenn’s draussen «strubusset», muss Staub erfinderisch sein: «Als da letzthin soviel Schnee lag, kam ich mit dem Töff nirgendwohin – die Trottoirs waren nicht geräumt. Da nahm ich vom Mann den Pajero, seine Perle wie er sagt, aber überall war Schnee im Weg. Zum Glück hatten die Leute Verständnis. Toll ist, wenn die Leute nicht nur anrufen, sie hätten ihn nicht bekommen, sondern sich auch einmal bedanken, wenn man ihn bekommt.»

Das Schönste am Schenken
Mit Zeitungsvertragen wird man nicht reich. Deshalb freuen sich Staub und alle Zustellerinnen über jeden Batzen. «Früher, als ich in Oberurnen verteilte, gab es viel, aber seit Corona haben die Trinkgelder abgenommen. Wir haben eine vorgedruckte Weihnachtskarte, die stemple ich mit Adresse.» Manche bringen dann ein Couvert vorbei, andere geben es ihr auf der Tour. «Davon konnte ich die Skischule für meinen Sohn als Weihnachtsgeschenk zahlen, es ist nicht sehr viel, aber es ist etwas, was man gerne nimmt.» Für den FRIDOLIN haben die Verträger keine eigene Karte zum Verteilen, aber sie freuen sich, wenn ihnen die Leute zeigen, was ihnen diese Dienstleistung wert ist. «Es ist ein Dankeschön!» Darin liegt der Zauber: Jene beschenken, die nichts erwarten, sondern bei Wind und Wetter ihre Arbeit tun – z. B. den FRIDOLIN in den Briefkasten legen.

FJ

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