Am 22. September wurde ein besonderer Gottesdienst gefeiert, bei dem die Dankbarkeit im Mittelpunkt stand. Der herbstlich geschmückte Chor, dekoriert mit Früchten der Saison, bot eine wunderschöne Kulisse für diesen Anlass. Dieses Jahr hatte der Gottesdienst einen besonderen Überraschungsgast – eine neugierige Krähe.
Die Krähe mustert die Ernte und sieht zuerst alles, was sie nicht mag. Ihr Lieblingssnack fehlt, es hat keine Erdnüsse! Erst als sie genauer hinschaut und ein bisschen zur Ruhe kommt, fällt ihr auf, dass es doch ein paar ganz akzeptable Sachen dabei hat, die sie mag und wofür sie dankbar sein kann. Nun kommt ihr plötzlich viel Schönes und Gutes in den Sinn, für was sie auch noch dankbar sein kann.
Martina Hausheer-Kaufmann nahm das kleine Theaterspiel mit der Krähe und einen Erntedankpsalm aus der Bibel zum Anlass, in ihrer Predigt über die Inspiration für das Dankbarsein zu sprechen. Der Psalm spricht neben sehr poetischen Bildern über wogende Kornfelder und rauschende Bäche auch, fast etwas irritierenderweise, über Schuld und Versagen. Doch Gott als grosser Zuhörer, heisst es weiter, schenkt Vergebung, sodass wir uns über die Fülle an Gutem freuen können.
Auch uns beschleicht vor so wunderbar geschmückten Erntedank-Körben, vor einem reichlich gedeckten Tisch oder vor einem übervollen Regal in der Lebensmittelabteilung manchmal ein ungutes Gefühl. Nicht alle können so zugreifen wie wir. Während die Einen zu wenig haben, werfen die Anderen vieles weg. Kann man da einfach Erntedank feiern? Ja, kann man. Es gehört eben auch dazu, das Schwierige miteinzuschliessen: die Last unserer Verstrickungen und alles was, schiefläuft, bis die Lebensmittel bei uns sind. Auch die Gedankenlosigkeit und die blinde Konsumiererei sind nicht ausgeschlossen. Das alles sollen wir in den Erntedankgottesdienst mitbringen.
Vielleicht helfen gerade das ehrliche Nachdenken und eine tief empfundene Dankbarkeit, und viele schöne Lieder und Gebete, dass man nicht so gierig und geizig und gedankenlos konsumiert. Das Aussprechen im Gebet, das Gehört-Werden mit unseren Anliegen und die Vergebung sind heilend und geben Kraft. Wir dürfen uns sättigen am Guten im Gotteshaus, heisst es.
Dankbarkeit kann und soll man üben und pflegen. Das gibt Seelen-Muskelkraft. Es sei eine der schönsten und schwersten Tugenden, sagt man.
Besonders bewegend waren die Fürbitte und die Lieder, welche von den Religionsschülerinnen und Religionsschüler von Liselotte Heussi und Freya Riget vorgetragen wurden. Dabei konnten alle einen Moment Stille halten, sodass jeder seine eigene Dankbarkeit spüren konnte.
Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Besucherinnen und Besucher im Eingang und draussen vor der Kirche, um die Erntegaben miteinander zu teilen und etwas zu trinken. Die Kinder durften sich kreativ ausleben und Krähen basteln, welche am Schluss noch mit Erdnüssen befüllt werden konnten.
Das diesjährige Erntedankfest war mehr als nur eine Feier – es war eine Erinnerung daran, wie wertvoll es ist, sich Zeit zu nehmen und die Fülle des Lebens zu schätzen. Die Menschen gingen mit dem Gefühl nach Hause, dass auch im hektischen Alltag Momente der Dankbarkeit einen festen Platz finden sollten.
pd.