Vergangene Woche stand bei der Jahreskonferenz des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Glarus (LGL) die Gegenwart und Zukunft der Schule im Zentrum - und am Ehemaligentreffen der Kantonsschule die Vergangenheit. Über gegenwärtige Herausforderungen und die Richtungen für die Zukunft.
Pascal Lüthi ist einer von 750 Ehemaligen, die sich an der Kantonsschule trafen. Obwohl 34 Jahre lang nicht mehr an der Kanti liess sich der Maschinenbauingenieur schnell für Robotik begeistern. Roboterbauen an der Kantonsschule, dazu noch in einem gemischten Team aus Berufslernenden und Kantischülern? Das wäre damals ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. In Sachen Technik und Digitalisierung ist die Schule, genau wie die Gesellschaft, einer rasenden Entwicklung ausgesetzt. Allerdings kämpfen Lehrpersonen heute eher mit der «Handyverblödung» – also dass Kinder sich immer schlechter konzentrieren können und ihr Gedächtnis nicht mehr trainieren – und gegen die überzogenen Erwartungen mancher Eltern. Ganz zu schweigen vom überladenen Lehrplan 21 und einem wenig durchsichtigen Lohnsystem.
PH und Wirklichkeit
Die Pädagogischen Hochschulen PH entwickeln Jahr für Jahr neue An-sätze und präsentieren sie an der Jahreskonferenz der LGL. Etwa, wie mithilfe von Künstlicher Intelligenz unterrichtet werden kann, aber auch, wie man draussen Schule macht, um Kinder wieder nachhaltiger die reale Welt erfahren zu lassen. «Pädagogi-sche und didaktische Mittel wie Integration, selbstgesteuertes und kooperatives Lernen, jetzt vielleicht KI sowie draussen lernen, das sind alles tolle Ideen, die ihren Platz in der Schule verdienen», sagt Jürg Jucker, Klassenlehrperson Oberstufe Schwanden, «aber wenn diese als Mittel zur Weltrettung angeschaut werden, ist das schade.» Schnell führen die integrative Schule und unrealistische Konzepte bei der Integration für Kinder mit Migrationshintergrund zur Belastung für alle Beteiligten und erhöhen den Personalaufwand.Balance schaffen
«Die Herausforderung, in der Schule eine gute Lernatmosphäre zu schaffen, trotz unterschiedlicher Bildungsniveaus, ist uns in Glarus Nord sehr bewusst», sagt auch Stefan Gabriel, Rektor und Bereichsleitung Bildung, Glarus Nord. «Wir sind überzeugt, dass der Schlüssel zu einer erfolgreichen Lernumgebung in der Balance zwischen strukturierten Leitlinien und individueller Freiheit liegt.» Derzeit machen zwei unterschiedliche pädagogische Ansätze Schlagzeilen, der Ansatz der «Neuen Autorität», wie ihn etwa Haim Omer entwickelte, und das selbstbestimmte Lernen, wie es Nils und Hanna Landolt am Lernhaus Sole in Mollis realisieren.«Der Ansatz der Neuen Autorität», so Gabriel, «basiert nicht auf Hierarchie und Macht, sondern auf Präsenz, Beziehung und gemeinschaftlicher Verantwortung. Zwar gibt es bei uns noch keinen Schulstandort, an dem die Neue Autorität in ihrer expliziten Form angewandt wird, jedoch setzen wir zunehmend auf diesen Ansatz, der Lehrerinnen und Lehrer dazu befähigt, durch Präsenz und Dialog zu führen, anstatt durch blossen Druck. Das schafft Sicherheit und Vertrauen, was besonders wichtig ist, um den unterschiedlichen Lernniveaus gerecht zu werden.» Natürlich thematisiert die Volksschule auch weitere Ansätze, Gabriel nennt individualisiertes Lernen, kooperatives Lernen, projektorientiertes Lernen und auch das digital gestützte Lernen. «Wichtig ist darüber hinaus die Stärkung der emotionalen und sozialen Kompetenzen, da sie ein Schlüssel für den schulischen und persönlichen Erfolg sind. Programme, die auf die Förderung von Resilienz, Empathie und Konfliktlösung abzielen, schaffen eine bessere Lernatmosphäre und verringern das Risiko von Ausgrenzung. Das selbstbestimmte Lernen wiederum ermöglicht Schülerinnen und Schülern, Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen und fördert intrinsische Motivation und Kreativität – Voraussetzungen, die für den heutigen Arbeitsmarkt unerlässlich sind.»
Integration von Methoden
Deshalb geht die Volksschule aktuell den Weg der Integration verschiedener Methoden. «Strukturen und klare Rahmenbedingungen werden mit der Freiheit zur Selbstgestaltung des Lernens kombiniert. Gleichzeitig prüfen wir laufend neue Lernmodelle und implementieren diese nach sorgfältiger Abwägung in den Schulalltag. Die Zukunft liegt für uns in einer flexiblen, aber klar strukturierten Lernumgebung, die den individuellen Bedürfnissen gerecht wird und gleichzeitig ein starkes Gemeinschaftsgefühl fördern soll.»FJ