Glarus Süd Futuro: Talabfahrt anstatt Talfahrt

Maschineningenieur und alt Landrat Andy Luchsinger spricht zum Wasserbedarf für technische Beschneiung. In der vorderen Sitzreihe (sechster von rechts) Landrat und seit dem 1. Juli Gemeinderat Glarus Süd Martin Baumgartner. Auf der Zuschauertribüne (siebter von links) Klaus Jenny, Vizepräsident der Sportbahnen Elm. (Foto: Søren Ehlers)

Am 27. Juni fand die Gemeindeversammlung von Glarus Süd wegen der erwartet grossen Teilnehmerzahl in der Turnhalle Schwanden statt. Am meisten Zeit nahmen die Wahl eines Schulkommissions-Mitgliedes und die Diskussion zum Sondernutzungsplan Futuro der Gemeinde in Anspruch. Diskussionslos wurde ein Verpflichtungskredit für die weitere Bewältigung des Wagenrunse-Ereignisses genehmigt.

Gemeindepräsident Hans Rudolf ­Forrer liess zu Beginn der Versammlung keine Zweifel aufkommen, dass er eine Versammlung mit respektvollen Diskussionen haben wolle und keine verbalen Angriffe dulden werde. Das gelang. Unter anderem weil er im richtigen Moment kleine Scherze brachte, was die spürbare Anspannung von den Stimmberechtigten nahm. Etwa so: «Ich darf Ihnen die Anzahl der anwesenden Stimmberechtigten bekannt geben: 708.» – Kunstpause – «Glarus Nord hatte 259.»

Schulkommission

Die Jahresrechnung 2023 und die Zusatzkredite zu Verpflichtungskrediten, Nachtragskredite und Kreditüberschreitungen wurden ohne Abänderung genehmigt. Die Jahresrechnung der Technischen Betriebe Glarus Süd und die Verwendung der Abgaben wurde ohne Abänderung genehmigt. Ebenso die Jahresrechnung von Glarus Süd Care.

Dann kam es zur Kampfwahl mit drei Wahlgängen für den Ersatz eines Mitgliedes der Schulkommission. Vier Kandidierende erhielten je zwei Minuten Zeit, sich der Versammlung vorzustellen. Kieswerkvorarbeiter Tobias Bäbler aus Matt benötigte nur eine Minute. Bäuerin Sandra Hefti aus Mitlödi brachte in dreieinhalb Minuten unter, was ihre Hauptziele für die Arbeit in der Kommission wären. Beide kamen in den dritten Wahlgang, den Tobias Bäbler mit 355 zu 280 Stimmen für sich entschied. Das Reglement über die öffentliche Beleuchtung wurde gutgeheissen. Unter anderem wird es für die ganze Gemeinde die intelligente Strassenbeleuchtung bringen. 

Überbauungsplan Futuro

Traktandum 7 und die Abstimmung darüber waren obligatorisch, weil die Grünen Glarus Süd gegen den vom Gemeinderat beschlossenen Sondernutzungsplan mit 869 gültigen Unterschriften das Referendum ergriffen hatten. 

Drei Mitglieder des Gemeinderates äusserten sich dazu. Rafaela Hug (Departement Hochbau und Liegenschaften) und Stefan Maduz (Wirtschaft und Finanzen) erläuterten aus Sicht ihrer Departemente, weshalb der Sondernutzungsplan anzunehmen sei. Hansueli Rhyner sprach als Spezialist im Bereich Schnee und Atmosphäre.

Physikerin Dr. Cinia Schriber stellte daraufhin den angekündigten Rückweisungsantrag. Sie betonte, dass die Grünen Glarus Süd die Notwendigkeit von «Futuro» absolut anerkennen, aber keinen Sinn in der Beschneiung der Talabfahrt sehen. Der Überbauungsplan sei darum ohne die künstliche Beschneiung der Talabfahrt neu zu planen. Die Beschneiung der Schlittelpiste stellte sie nicht infrage.

Unternehmer Martin Baumgartner sprach Cinia Schriber wegen der Verwendung des Ausdruckes «künstliche Beschneiung» jegliche Fachkompetenz ab, da es sich um «technische Beschneiung» handle. Er wies auf die grosse Bedeutung der Beschneiungsanlagen für die Zukunft des Arbeitgebers Sportbahnen Elm und alle daran hängenden Betriebe hin.

Weiter für die Rückweisung sprachen sich Lehrer Mauro Sana und Maschineningenieur Andy Luchsinger aus. Luchsinger legte dar, warum die aus dem Sernf zur Verfügung stehende Wassermenge schon in naher Zukunft für den Bedarf der Beschneiungsanlagen nicht mehr ausreichen werde.

Gegen eine Rückweisung traten Dr. Stefan Trümpi, der an «Futuro» mitarbeitet, und Dr. Thomas Hefti an. Hefti war der Meinung, die Unterscheidung «Beschneiung Talabfahrt nein – Schlittelpiste ja» ergebe keinen Sinn, was Andy Luchsinger mit dem Hinweis auf die fünfmal breitere Skipiste widerlegte. Die durchwegs fair geführte Diskussion dauerte eine Stunde. Die Gemeindeversammlung nahm den Überbauungsplan Futuro mit 420 gegen 242 Stimmen bei 46 Enthaltungen an. 

Wagenrunse, Kehrichtverwertung und Abschied

Ein Verpflichtungskredit für die Bewältigung der Rutschereignisse und die noch zu erstellenden Sicherungsbauten in der Höhe von 5,6 Mio. Franken wurde von Gemeinderat Markus Marti anschaulich und sehr gut verständlich beantragt. Die notwendigen Massnahmen sind Rückbau und Rekultivierung Triageplatz, Rekultivierungen «Liegenschaften Berg», neue Erschliessungstrasse für das Gebiet Herren, Werkleitungsbau, Rückbau Noterschliessung und Instandstellungsarbeiten, Landerwerb, Verschiedenes und Reserven. Der Verpflichtungskredit wurde ohne Diskussionen angenommen. 

Hannes Schiesser vertrat zum letzten Mal als Gemeinderat ein Geschäft, die Totalrevision der Statuten des Zweckverbandes für die Kehrichtverwertung im Linthgebiet, was ohne Wortmeldung genehmigt wurde.

Am Schluss der Versammlung würdigte Hans Rudolf Forrer die Verdienste Schiessers. Scherzhaft und wertschätzend sagte er: «Ich bin froh, dass ich nie gegen Dich ums Gemeindepräsidium werde antreten müssen.» Søren Ehlers

Reaktionen auf Futuro

Nach der Versammlung bat der ­FRIDOLIN um einige Statements zur «Futuro»-Abstimmung.

Klaus Jenny:

Der Entscheid bedeutet für mich, dass wir eine Zukunft haben für die Sportbahnen Elm. Sonst wäre es das Ende gewesen. Wir haben die gesamten Projektkosten in der Bilanz, das ist alles aktiviert und wäre nichts mehr wert gewesen. Ich hoffe, dass wir nächsten Frühling mit dem Bau der Anlagen beginnen können. Dann wären wir für die Saison 2025/26 bereit.

Cinia Schriber:

Ich fand, dass unsere Argumente nicht gehört wurden. Für uns war der Verzicht auf die Talabfahrt ein sinnvolles Kompromiss-Angebot. Die Befürworter argumentierten aber so, als würden wir eine Ablehnung fordern. 

Andy Luchsinger: 

Ich hatte den Eindruck, dass die Meinungen schon vor der Versammlung gemacht waren. Ich hätte eine Reaktion erwartet auf mein Argument der Wasserknappheit. Dass gar nichts kam, sagt mir, dass sie keine Antwort darauf haben. 

Martin Baumgartner: 

Ich bin erleichtert, dass es so klar herausgekommen ist. Ich hätte erwartet, dass neben den fundamental gegen «Futuro» eingestellten Voten auch noch andere das Wort ergriffen hätten, da bin ich erstaunt, dass nichts kam.

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