Betty Legler ist im Glarnerland bekannt. Sie stammt aus einer Linthaler Metzgerfamilie. Schon mit 20 Jahren, 1981, feiert sie den internationalen Durchbruch als Musikerin. Doch was macht sie heute?
Heute lebt Betty Legler mit ihrem Mann, dem Zukunftsforscher Lars Thomsen, am Zürichsee. Die beiden haben eine 22-jährige Tochter. Ihre heutigen beruflichen Tätigkeiten hängen stark zusammen mit ihrem Werdegang.
Was bisher geschah
Mit 16 Jahren gibt Betty Legler ihr erstes Konzert in der Kanti Glarus. Der Saal ist ausverkauft, sie will Musikerin werden. Die Eltern finden das keine gute Idee. So wählt Betty eine KV-Lehre in der Bebié AG, so nah wie möglich beim Elternhaus. «Bis zwei Minuten vor dem Einstempeln habe ich zu Hause Klavier geübt und sofort nach dem Feierabend wieder.» Während der Schulstunden komponiert sie heimlich. Mit 21 hat sie bereits vier Singles und zwei LPs veröffentlicht. Ihr Lied «Rock for the Lady», wird später von SRF zu den «grössten Schweizer Hits» gezählt. Sie lebt in New York und München, produziert Alben, gibt Konzerte, macht eine Europa-Tournee, spielt mit Chris de Burgh und Fats Domino. Sie gründet eine Produktionsgesellschaft und einen Verlag, bringt Alben heraus. 2005 erscheint die erste Kinder-CD, «Murrlibutz und der verlorene Kristall».
Im Hier und Jetzt
Konzerte gibt Legler inzwischen seltener. Sie schreibt aber fast täglich Lieder, so etwa «Träne im Wind» für Michael von der Heide. Es ist das erste Lied auf seinem neuesten Album «Nocturne», das am 8. September erschien. Vor Kurzem schloss sie ein vierjähriges Master-Studium an der Zürcher Hochschule der Künste in der praxisorientierten Wissenschaftsdisziplin «Klinische Musiktherapie» ab und arbeitet nun drei Tage die Woche am Inselspital in Bern auf der Abteilung Neonatologie. «Sound, also Lärm, Geräusche und bestimmte Arten von Musik, spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung dieser hoch vulnerablen Babys. Die Frühchen sind durch Licht, technische Geräusche und Schmerzen grossem Stress ausgesetzt. Der beruhigende Klangkosmos aus dem Bauch der Mutter fehlt ebenso plötzlich, wie die schützende Umgebung. Um auf den momentanen Zustand des Kindes einzugehen, beobachte ich es sehr genau: Herzrhythmus, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung und eine ganze Reihe von Körperzeichen sagen mir ganz genau, was das Kind gerade braucht. Oft berühre ich das Kind und spüre seinen Atemrhythmus. Diesen nehme ich im sanften Summen auf und kann das Kind so beruhigen, stabilisieren.»
Musiktherapie kann zudem die Eltern unterstützen, sie hilft, das Erlebte zu verarbeiten und eine Bindung zum Kind aufzubauen. Mit gezielt gestalteten Klängen kann die Hirnentwicklung des Frühgeborenen gefördert werden. Dazu setzt Betty Legler manchmal ein kleines Monochord mit knapp dreissig Saiten ein. «Ich setze es während des Spielens am Ellbogen der Mutter an. So übertragen sich die Vibrationen über die Knochen ganz fein auf das Kind. Ich achte genau darauf, wie Mutter und Kind reagieren. Ich habe verschiedene Instrumente zur Verfügung, die ich je nach Situation einsetze. Ich notiere mir gesungene Tonfolgen, Beobachtungen, Reaktionen und entwickle eine Therapiestrategie. Wenn ich das nächste Mal mit diesem Kind arbeite, gehe ich oft genau gleich vor. Schon nach wenigen Malen erkennt das Kind meine Stimme und seine ganz persönliche Melodie.»
Die Zukunft
«Die Zukunft spielt in unserer Familie eine zentrale Rolle, denn mein Mann bringt als Zukunftsforscher jeden Tag Neues zur Zukunft mit nach Hause. Seine Art, die Dinge zu betrachten, zu hinterfragen und Zusammenhänge zu erkennen, hat mich geprägt … und oft auch herausgefordert.» Das weckte ihr Interesse für wissenschaftliches Arbeiten. Im klinischen Alltag ergeben sich Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, die Legler mit Wissenschaftern und Wissenschafterinnen aus anderen Disziplinen umsetzt.
«Schliesslich habe ich ein ganzes Leben Erfahrung darin, wie direkt und gleichzeitig nachhaltig Musik wirken kann. Ein paar Töne genügen, um einen bestimmten Moment mit all seinen Emotionen zu erinnern. Diese Magie spüre ich auch heute, jeden Tag. Sei es mit ‹meinen› frühgeborenen Babys, zu Hause am Flügel, beim gemeinsamen Singen mit meiner erwachsenen Tochter oder sei es, die Stimme meiner lieben Mama zu hören. So schliesst sich der Kreis und ich bin einfach dankbar, das, was mich zeitlebens beglückte, trug, antrieb und mit Sinn erfüllte, zum Wohl anderer Menschen einsetzen zu können.»
Søren Ehlers