Tiefblick in einen offenen Raubtier-Rachen

Peter Regli nennt bei seinem Vortrag vor den Gästen der Glarner Offiziersgesellschaft die Bedroher der westlichen Demokratien beim Namen. (Foto: wie)

Wie bereits bei seinem letzten Auftritt kurz nach Beginn des Putin-Feldzuges gegen die Ukraine macht der Ex-Nachrichtendienst-Chef im vollen Saal des Hotels Glarnerhof den Gästen der Glarner Offiziers-Gesellschaft (GOG) die aktuelle Bedrohung westlicher Demokratien deutlich – und nennt ihre Feinde beim Namen.

Liberale Weltordnung ist bedroht
Mit der Frage: «Bedroht Putin mit seinem Krieg die liberale Weltordnung?» knüpft Regli am «Schmutzigen Donnerstag» nahtlos an seinen Auftritt im Glarnerhof vom letzten März an. Leider sind seine Botschaften weder fröhlich noch fasnächtlich, vielmehr erhält das Wort «schmutzig» an die­-sem Donnerstagabend eine andere Bedeutung. Regli zeigt mit Zitaten von UN-Generalsekretär Gutierrez, Äusserungen der G7 oder bei NATO-Gipfeltreffen den Anspruch Chinas und von Xi Jinping auf die Weltherrschaft.

«Niemand kann China aufhalten»
Nach Xi Jinpings Einschätzung sind die westlichen «Demokratien am Ende». Sie gehören durch eine chinesische Version ersetzt. Gemeint ist ein Alltag mit totaler Überwachung, einem «sozialen Punktesystem» für Wohlverhalten und empfindlichen Strafen bei «Fehltritten» aller Art. Das Gesetz werde dabei durch Gewalt ersetzt und so angepasst, dass es den Machthabern diene. Etwas Ähnliches wie eine Glarner Landsgemeinde sei sicher nicht geplant.

Politische Bruchstellen
Regli zeigt die Nahtstellen des beginnenden Kampfes zwischen liberal-westlichen Demokratien und einer autokratischen Welt. Sichtbar würden sie im Indo-Pazifischen Raum, wo China in internationalen Gewässern auf Mini-Atollen Luftwaffenstützpunkte baue und damit territoriale Ansprüche erhebe. Dass Taiwan «ein Teil Chinas» sei und ins «Mutterland zurück» gehöre, sei für Xi sowieso selbstverständlich.

Putins «Blutspur»
Regli zeichnet Putins Anspruch detailliert anhand seiner «Blutspur» durch Tschetschenien, Georgien, Syrien, auf der Krim und im Donbass nach. In der Ukraine erhebe Wladimir Putin menschenverachtend Anspruch auf die Wiederherstellung des früheren Territoriums der «Russischen Föderation». Er und seine Komplizen Sergej Schoigu, Walerj Gerassimow, Sergei Lawrow, Dimitri Peshkov, Dmitri Medwedew und Jewgeni Prigoschin seien Kriegsverbrecher.

Zu wenig, zu spät
In der Ukraine gehe es um die Freiheit Europas. Während Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj täglich um Waffen und Hilfe aus dem Westen bettle, drohe seiner Armee die Munition auszugehen. Selenskyjs nüchterner Feststellung, dass der Westen «immer zu wenig und das Wenige immer zu spät liefere», stehe eine mögliche Offensive Russlands, welches über grosse Vorräte an Waffen und Soldaten verfüge, gegenüber. Regli streicht jedoch die Unterschiede zwischen den motiviert um ihr Heimatland kämpfenden Ukrainerinnen und Ukrainern und einer schlecht organisierten, unmotivierten russischen Armee hervor.

Eine Hoffnung sei die Unterstützung der USA, welche der Ukraine «so­lange wie nötig zur Seite stehe». Laut US-Verteidigungsminister Lloyd Austin solle «Russland so weit geschwächt werden, dass es Dinge wie eine Invasion in der Ukraine nicht mehr tun kann». Diese Hoffnung begleitet nach einer ausführlichen Fragerunde zu einem insgesamt düsteren Bild der Position westlicher Demokratien in einer zunehmend autokratischen Welt eine nachdenkliche Hundertschaft von GOG-Gästen auf ihrem Heimweg zurück in die Glarner Normalität.

wie

Back To Top