Mit Eigenproduktion Kosten kontrollieren

Ständerat Dr. Thomas Hefti sieht die Zukunft in der Eigenstromproduktion. (Foto/Video: FJ)

Versorgungslücke, Energieknappheit, Klimawandel – das Präsidialjahr von Thomas Hefti barg einige Herausforderungen. Der FRIDOLIN sprach mit dem Ständratspräsidenten 2022 über Energiepolitik und seine Highlights.

«Am liebsten leitete ich die Ratsdebatten. Das hat mir gefallen, ich habe mich jeweils gut vorbereitet, war allerdings im Vorfeld oft ein bisschen nervös – über alle vier Sessionen», sagt Thomas Hefti. «Höhepunkte waren auch viele Begegnungen im In- und Ausland, die ich sonst nicht gehabt hätte.»

Krieg und Stromknappheit
Die grösste Herausforderung sei vier Tage nach Kriegsanbruch der Start der Märzsession gewesen. «Die berechtigte Erwartung war, dass die Nationalratspräsidentin und ich zu Beginn der Session ein kurzes Statement abgeben.» Hefti sprach damals am Montag bei der Eröffnung, die Debatte im Rat folgte am Dienstagmorgen. «Bei den üblichen Vorlagen ist vieles vorgespurt, das aber war recht spontan und es ging darum, im Ständerat einen Erklärungstext zu finden, der eine breite Zustimmung fand.» Anders war das, als sich im Sommer eine mögliche Energiemangellage abzeichnete. «Als Präsident konnte ich beobachten, wie Parlamentarier aktiv wurden. Es kamen Vorstösse, die Kommission für Umwelt, Raumentwicklung und Energie (UREK) hat sich nach den Sommerferien intensiv mit dem Mantelerlass befasst (er ist wichtig für die Stromversorgungssicherheit der Schweiz, red.). Im August tagte das Ständeratsbüro zwei Tage lang in Schwanden und Elm, als kurzfristig eine zusätzliche UREK-Sitzung angesetzt wurde und deshalb zwei Mitglieder des Büros am zweiten Tag morgens um 06.00 Uhr auf den Bahnhof  Schwanden gebracht werden mussten – eine von ihnen war die jetzige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.»

Versorgungssicherheit
«So überraschend hätte das Szenario einer Energiemangellage auch nicht sein müssen. Es gab bereits vor mehr als zehn Jahren Studien der Energiewirtschaft, die vor einer Versorgungslücke warnten. Denn man sah, dass die Kernkraft an ihr Lebensende kommen würde. Doch wurden diese Studien eher als Werk der Strombarone belächelt.» Auch über neue Kernkraftwerke habe man damals gesprochen, doch nach der Katastrophe von Fukushima habe man irgendwie den kühlen Kopf verloren. «Als die Energiestrategie 2050 ausgearbeitet wurde, ist wohl dem möglichen Bevölkerungswachstum zu wenig Rechnung getragen worden. Heute sieht man dies als Herausforderung – man spricht sogar von der 10‑ Millionen-Schweiz. Zudem brauchen die Wärmepumpen, Elektroautos und die Digitalisierung auch Strom. Schon im zweiten Halbjahr 2021 – also vor dem Ukrainekrieg – stiegen die Strompreise auf 25 bis 30 Rappen pro kWh. Später trugen die Sanktionen gegen Russland zu einer weiteren Verknappung der Energieträger bei. Abhilfe bringt ein Bündel von Massnahmen. Dazu gehören der Ausbau der Photovoltaik, einige Windkraftanlagen an geeigneten Standorten und die Ausschöpfung von weiteren sinnvollen Möglichkeiten für Wasserkraftwerke. Es gibt noch mehr als die 15 Projekte, die im Mantelerlass des Ständerats genannt werden.»

Abwägen und Vorteile nutzen
Die Abwägung der Interessen des Naturschutzes und der Interessen an einer CO2-freien Energieproduktion dürfe nicht praktisch a priori nur zugunsten des Naturschutzes ausfallen. Zudem sollte die Gesetzgebung so geändert werden, dass Kernkraftwerke, dort wo sie jetzt betrieben werden, auch erneuert werden können. Auch dies trägt dazu bei, dass die Ziele der CO2-Reduktion erreicht werden können.

Die Frage, mit welchen Strategien sich die Glarner Kraftwerke auf drohende Energieknappheiten einstellen sollten, lasse sich nicht allgemein beantworten. Ziel der technischen Betriebe müsste es sein, zu günstigen eigenen Stromquellen zu kommen. Es gilt, wie es das Energiegesetz vorschreibt, das Photovoltaikpotenzial an dafür geeigneten Orten auszuschöpfen. Für die Nutzung im Gebirge ist die Muttseestaumauer ein gutes Beispiel. Sodann müssten sich die Gemeinden und ihre technischen Betriebe für die Zurverfügungstellung ihrer Wasserrechte Energiebezugsrechte einräumen lassen. «So können sie die Stromkosten in einem gewissen Masse berechenbar halten. Das dient unseren Verbrauchern im Kanton Glarus und der Grundversorgung weitaus am besten. Wer sich als ‹freier› Kunde für 2021 und die beiden folgenden Jahre dafür entschieden hat, in der Grundversorgung zu bleiben – oder wer von Gesetzes wegen in der Grundversorgung ist – hat jetzt meist nur moderate Strompreiserhöhungen erlebt. Insbesondere dann, wenn der Grundversorger über eigene ‹Stromquellen› verfügt.» Auf die Frage, ob Kunden, die seit der teilweisen Öffnung des Strommarktes in den freien Markt abwanderten, entgegen dem Prinzip «einmal frei, immer frei» nun wieder die Möglichkeit bekommen sollten, in die Grundversorgung zurückzukehren, ist seine Antwort: «Das entspricht dem Fünfer und dem Weggli.» Er räumt aber ein, dass es Härtefälle geben könnte, für die sich wahrscheinlich Übergangslösungen finden liessen. Schliesslich sähe er ein Stromabkommen mit der EU als sinnvoll an. Es brächte Vorteile sowohl für die Schweiz als auch für die EU. Doch weigere sich die EU, zurzeit mit der Schweiz Abkommen zu schliessen und nehme leider lieber Lose-lose-Situationen in Kauf anstatt Win-win-Situationen anzustreben.

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