Care sei Dank

Sylvia Köprülü, dipl. Pflegefachfrau HF, informiert sich zusammen mit ihren Töchtern und ihrem Vater am Tag der betreuenden Angehörigen. (Fotos: FJ)

Es begann mit dem roten Papier-«Danggä»-Herz, das mir Hans Jörg Riem in die Hand drückte. Er schenkte es allen an der blauen Tür des Gemeindezentrums Schwanden. Dahinter öffnete sich eine ganze «Betreuungs-Chilbi», mit Äpfeln, Glücksrad, Jonglage und einer Perlen-Versorgungskette zum Selbermachen.

Von Betreuung verstehe ich nicht gerade viel – im Gegensatz zu den Profis, mehrheitlich Frauen, die bei den über 50 Anbietern auf der 1. Glarner «Care-Fair» Tag für Tag Dienste für Betroffene leisten. Ob bei KISS, Tischlein deck dich, Home instead, ob bei Pro Infirmis, Pro Senectute oder bei der neu fusionierten Glarus Süd Care.

80 Millionen gratis?
Doch auch ein 24-Stunden-Tag all dieser Mitarbeitenden reicht nicht aus, um alle zu betreuen, zu umsorgen und zu pflegen, die das nötig haben. Das tun pflegende Angehörige – in schweizweit 80 Millionen Stunden jährlich. Viele dieser Stunden werden zwar gratis geleistet, aber wussten Sie, dass pflegende Angehörige sich in der Grundpflege instruieren und zum Beispiel von der Fridli-Spitex anstellen lassen können? Die Fridli-Spitex von Care Solutions GmbH in Glarus hat sich als erste Organisation für Krankenpflege genau darauf spezialisiert. Das – und vieles mehr – erfuhren die Angehörigen an «ihrem» Tag, den die Koordination Gesundheit (KOGE) mitorganisiert hatte.

50 000 Kinder und Jugendliche
Auch 50 000 Kinder und Jugendliche – so Elena Guggiari von der Careum Hochschule Gesundheit in ihrem Vortrag – betreuen Kranke, z. B. ihre Eltern. Man nennt sie «Young Carers». Eine davon ist die heutige Medizinstudentin Linn, die ihre Mutter pflegt, seit sie neun Jahre alt ist. In Schwanden legte sie Zeugnis ab von der Abschottung, vom Sichaufopfern, von ihrer eigenen verpassten Kindheit. In jeder Schulklasse könnte so ein Kind sein oder in jedem Lehrbetrieb – und alle verdienen sie mehr Verständnis und Unterstützung in ihrer Lage.

Gewusst, wo
Doch einer der Anlässe für den Tag in Schwanden ist das Pflege- und Betreuungsgesetz, das per 1. Januar 2023 in Kraft tritt. Ebenfalls präsent: Christine ­Bickel, die seit dem 1. Oktober die Fachstelle Pflege und Betreuung beim Kanton leitet. Als ehemalige Handarbeitslehrerin hatte sie eine Schale mit farbigen Holzperlen mitgenommen – auch ich durfte eine auf ihre «Betreuungskette» auffädeln. Denn erst wenn die ganze Versorgungskette in die Planung mit einbezogen sein wird – also neben der stationären Pflegeheimliste, auch ambulante und intermediäre Versorgung, neben den Profis eben auch die betreuenden Angehörigen – wird sich für die, welche die Leistungen erbringen, etwas zum Guten verändern.

Der neue Name
Das Pflege- und Betreuungsgesetz schiebt eine ganze Bugwelle der Veränderung vor sich her. Die Departemente Gesundheit (zuständig für Pflege) und Inneres (Betreuung) organisieren gemeinsam einen Vernetzungsanlass. In Glarus hat sich die Dachorganisation aus Spitex und Altersheimen den Namen «cura unita glarus» gegeben, in Glarus Süd bestimmte die Bevölkerung den Namen für die fusionierte Organisation aus Spitex Sernftal und APGS. Als «Glarus Süd Care» tritt dieser «neue» Leistungserbringer für integrierte Versorgung von nun an auf – am Stand gab es Äpfel mit Herz und unterstützender Hand.

Verbesserung von Pflege und Betreuung
Am Freitag wird das Komitee Pflege Glarnerland die Petition für eine gute und wirtschaftliche spitalexterne Pflege übergeben. Zentrale Punkte darin: ein höherer Pflegebeitrag, um Leistungen abzugelten, und bessere Vereinbarkeit von Pflegeberuf und Familie.

Das treffendste Bild aber lieferte Gemeinderat Stephan Muggli, Departement Gesundheit und Sicherheit Glarus Süd, indem er seine Jonglage kommentierte: Wer Angehörige betreut, muss mehrere Bälle in der Luft halten, die Bedürfnisse der ihm Anvertrauten, die Anforderungen des Alltags und sein eigenes Berufsleben und er darf keinen Ball fallenlassen. Für mich endete dieser Tag mit dem Schoko-Herz, das mir Hauptabteilungsleiterin Orsolya Bolla in die Hand drückte – es sagt «Danggä» mit Haselnüssen. Vielleicht, weil ich doch mehr von Betreuung verstehe, als ich selbst glaube.

FJ

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