4. Biogas-Landsgemeinde, lintharena, Näfels

Das Podium mit Martin Zopfi, Boris Meier, Thomas Reinthaler und Moderator Florian Landolt (von links). (Foto: FJ)

Im Zentrum der 4. Biogas-Landsgemeinde standen am Dienstag, 20. September, in der lintharena Näfels die Versorgungssicherheit und ein Konzept, wie man Sommer- zu Winterstrom machen kann. Über Innovation in einer Zeit der wachsenden Herausforderungen.

Franz Landolt, VR-Präsident Erdgas Linth AG, begrüsste rund 50 Gäste in der lintharena mit dem Wahlspruch: «Holz und Fernwärme top, Fossile flop!» Doch die Gasförmigen seien, so Landolt, auf dem Weg, klimaneutral zu werden, das heisst, sie können eine Zukunft haben.

Wer versorgt uns?
Die erste brennende Frage des Abends versuchte Thomas Reinthaler, Head of Market Strategy bei Swissgrid, zu beantworten – nämlich die Frage, wer denn in der derzeit angespannten Energieversorgungslage für die Versorgungssicherheit verantwortlich ist. Die Verantwortung dazu ist aufgeteilt. Die Politik – also Bundesamt für Energie, ElCom, EU usw. – verantwortet den regulatorischen Rahmen, um Strom zu produzieren und zu transportieren. Kaum ein Land ist mit seinen Nachbarn so eng über Stromleitungen verbunden wie die Schweiz, da ist es – so Reinthaler – sehr herausfordernd, dass die Schweiz aus den Rahmenabkommen ausgestiegen ist und jetzt bilateral ein Stromabkommen aushandeln muss. Die Netzbetreiber – also etwa Swissgrid, die 6700 km Hochspannungsnetz betreibt – sind für die Netzsicherheit zuständig. Doch der Bau und der Unterhalt von Netzen ist ebenso herausfordernd wie der Bau von neuen Kraftwerken. Für die sichere Versorgung der Endkunden sind die Stromversorger – im Glarnerland also die Technischen Betriebe – verantwortlich. Sie kaufen den Strom ein und bauen und betreiben eigene Kraftwerke. Da in der Schweiz im Winter eine Stromlücke besteht und im Sommer mehr Strom produziert als verbraucht wird, ist die Schweiz in ein Verbundnetz eingebunden und bezog etwa 2021 aus Frankreich 8 TWh und aus Deutschland 13.5 TWh Strom. Derzeit ist die Versorgungssituation in der Schweiz angespannt, denn die Speicherseen sind unterdurchschnittlich gefüllt und die französische Kernkraft ist derzeit viel geringer verfügbar als für gewöhnlich. Hinzu kommt die Gasknappheit, was sich auch auf die Stromproduktion auswirkt, da mit Gas Strom produziert wird. Derzeit werden zwei Reserven geschaffen, das ist einerseits die Wasserkraftreserve, bei der Schweizer Stromproduzenten Wasser im Speichersee lassen, um Mangellagen zu überbrücken. Zudem gibt es eine «strategische» Reserve, das heisst es werden aussermarktliche Kraftwerke gebaut, die als Backup dienen, die also z.B. mit Brennstoffen Strom produzieren können, wenn er in der Schweiz ausgeht.

Konzept Wasserstoff
Im Anschluss präsentierte Boris Meier, Dozent Fachhochschule OST in Rapperswil, als Lösungsansatz die saisonale Speicherung von Sommerstrom in Form von Gas, ein Ansatz der bisher weitgehend «unter dem Radar» blieb. Neben der Speicherung in Form von Stauseewasser gibt es auch chemische Speicherung, indem man aus dem Strom Gase (etwa Wasserstoff, Methanol, Methan oder Ammoniak) produziert und diese dann im Bedarfsfall (also im Winter) wieder verstromt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Solche Gase haben eine hohe Energiedichte, brauchen also wenig Platz, man kann beliebig viel davon produzieren und es gibt kaum Speicherverluste. Allerdings sind sie brennbar, ja sogar explosiv und bei jeder Umwandlung entsteht Abwärme (also Verlust). Da der Schweiz 2050 neun TWh (Terawattstunden) Strom (das ist der Inhalt aller Schweizer Speicherseen) fehlen wird, rechnete Meier mit 200 Kugelspeichern für Wasserstoff von je 42 m Durchmesser (was wieder neun TWh ergibt). Auf der Basis seiner Berechnungen kostet so eine kWh 26 Rappen. Dieses System würde die Schweiz unabhängig vom Ausland machen, wäre klimaneutral und würde die Versorgungssicherheit garantieren. Allerdings müssten dazu ab jetzt pro Jahr 2 GW Photovoltaik zugebaut werden.

Im Anschluss diskutierten Reinthaler, Meier, Martin Zopfi, Geschäftsführer tb.glarus unter der Moderation von Florian Landolt über die blauäugige Energiepolitik, welche die Schweiz in den vergangenen zwei Jahrzehnten zum heutigen Schlamassel führte. «Wir sind blauäugig, denn sowohl bei Lebensmitteln wie bei Photovoltaik wie beim Strom sind wir abhängig von anderen Ländern.» Wir haben das Knowhow – etwa beim Atomstrom – aus der Hand gegeben, so Zopfi. Doch ist eine Insellösung für die Schweiz illusorisch, sie lebt vom Stromhandel, so Reinthaler. Erst einmal aber gehe es darum, wieder Vertrauen in die Versorgungssicherheit zu schaffen. Nach der kurzen Diskussion und vor dem Apéro riche präsentierte Zigermandli Richi Bertini sein allheilendes Zigerstöggli.

FJ

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