«Erbä ohni Sterbä»: Arbeit an der Gürtellinie

Dunia (Janina Dürmüller) zeigt ihrem Lover Philipp Mosimann (Leopold Ramhapp), wie sie die «Probe» entnimmt. (Foto: Ruedi Kuchen)

Am Freitag, 5. Mai, feierten Leopold Ramhapp und Roger Rhyner im Fabriktheater Schwanden mit ihrem neuen Stück «Erbä ohni Sterbä» Premiere. Die Truppe der Chliibüni Glärnisch brachte ein Feuerwerk an Gags zielsicher auf die Bühne.

Ganz zum Schluss, nach dem Vorhang, kam Kunstmaler, Artist und Schauspieler Rolf Knie auf die Bühne und lobte die brillante Truppe und ihr neues Stück. Sie gehörten eigentlich in der ganzen Schweiz auf die Bühne, fand Knie, und es gebe doch nichts Schöneres, als zwei Stunden lang die Katastrophenmeldungen am Fernsehen zu vergessen. Recht hat er – und es ist ein Privileg fürs Glarnerland, dass die Chliibüni eben Glärnisch heisst und von Jahr zu Jahr und von Stück zu Stück wortmächtiger, lustiger und verrückter wird.

Sprachgewalt
Glarnerdeutsch kann reich an schlüpfrigen Anspielungen sein, und dieser neue Schenkelklopfer bringt sie fast alle. Da reicht es schon, wenn Pfarrer Josef (Roger Rhyner) sich den Daumen unterm Sargdeckel einklemmt. Dunia Kummer – gespielt von Janina Dürmüller – kümmert sich liebevoll darum («er wird immer tigger»), macht ihn feucht (mit Wasser aus der Blumenvase für die Beerdigung), bläst ihn auch, was ihr grade so einfällt. Das Zweideutige entsteht im Kopf der Besucher, denn Liebhaber Philipp Mosimann – Leopold Ramhapps Paraderolle – liegt im verschlossenen Sarg, hört mit und denkt nicht an den Daumen. So mäandern die Dialoge immer schön entlang der Gürtellinie und jeder hat eigentlich schon mit jeder, Dunia mit ihrem Freund dem Hobby-Arzt Henri (Marc Mörgeli), aber auch mit dem Pfarrer, jedenfalls behauptet sie das, damit nicht herauskommt, dass sie ein «Gschleigg» mit Philipp hat. Maria ist zwar mit Philipp verheiratet, die beiden haben einen Sohn, nur kann der nicht von Philipp sein – denn Philipp «schiesst nur mit Platzpatronen», ist also zeugungsunfähig, was Dunia mittels Samenraub genau wie in Boris Beckers Besenkammer herausgefunden hat. Also war es entweder der Pfarrer oder eben Henri. So oder so: Philipp ist gelackmeiert. Obwohl er von sich selbst behauptet er sei «a Hirsch». Dabei wird der Laich abgestreift, die Angel in den Teich gehängt. Und Maria (Marianne Grossschedl) klagt wörtlich: «Vori häsch mi nuch welle übercheere…»

Sensationelle Mimik
Doch das sagt noch nichts über die Grimassen. Wie Philipp die Augen verdreht, wenn er das «Licht am Ende des Tunnels» sieht, wie ihm der Kamm schwillt – einmalig. Wie Pfarrer Josef – der grösste Angler vor dem Herrn – jedem seine «Fischchnusperli» als Versöhnungsmahl andreht oder im Keller die Sexheftli wegpackt, mit scheinheilig gen Himmel gerichtetem Blick, oder wenn Dunia (beim mimischen Samenraub) ihre Backen aufbläst und den Finger vor den geschlossenen Mund hält – zum Schiessen. Was die fünf Schauspielenden leisten, ist sensationell. Sie sind unglaublich präsent und wirklich alle lustig. Das ist der Grund, weshalb man hingehen darf ins Fabriktheater oder am 3. und 4. Juni in die Aula der Kanti. Ab heute Donnerstag wird insgesamt noch sechzehn Mal gespielt. Tickets auf www.showticket.ch.

Weitere Infos unter www.fabriktheater.ch oder www.chliibueni-glaernisch.ch.

FJ

Back To Top