Frauenporträt Theres Dätwyler: Von der Freude am Handwerk

Theres Dätwyler sieht in der Nachwuchsförderung ein wichtiges Element für die Zukunft ihrer Branche. (Foto/Video: Ruedi Kuchen)

Schon als Jugendliche wusste Theres Dätwyler was sie werden wollte: Coiffeuse. «Das war mein absoluter Traum». Nun schneidet sie seit 43 Jahren Haare, färbt sie, pflegt sie und bringt sie in die gewünschte Form. Das macht sie so erfolgreich, dass sie heute unter dem Namen Dätwyler Intercoiffure drei Filialen mit einem grossen Team führt, mit dem sie auch an nationalen und internationalen Wettbewerben teilnimmt und Goldmedaillen gewinnt.

Gestartet hat Theres Dätwyler ihre Karriere mit der Lehre als Damencoiffeuse beim damaligen Coiffeur-Salon Schön in Glarus. Danach hat sie zusätzlich anderthalb Jahre lang gebüffelt und schliesslich die Meisterprüfung mit Erfolg abgeschlossen. Damit legte sie den Grundstein für einen eigenen Salon, den sie im Jahre 1989 in Ennenda eröffnete. Im Jahr 1992 kam in Mitlödi ihr zweites Geschäft dazu. Den Salon in Ennenda konnte sie 1997 an eine ehemalige Mitarbeiterin verkaufen. Seit 2008 gibt es einen zusätzlichen Salon in Horgen und seit 2012 einen in Glarus. «Dieses Geschäft wird seit Beginn erfolgreich durch unsere Partnerin Claudia Canepa geführt.» Was mit 16 Quadratmetern und vier Stühlen begann, besteht heute aus drei Salons mit 27 Mitarbeitenden und acht Lernenden.

Zum Salon in Horgen kam Theres Dätwyler per Zufall. «Der damalige Inhaber suchte eine Nachfolge.» Er kam zu ihr nach Mitlödi, wollte testen, wie sie ihre Kundinnen betreut und ihre Arbeit macht. Diesen Test habe sie bestanden, der Besitzer habe ihr den Salon «auf dem Silbertablett serviert». Der Salon in Glarus sei eine gute Gelegenheit gewesen. «Es braucht immer etwas Glück.»

Glück und Erfolg
Glück allein kann nicht über vier Jahrzehnte lang der Schlüssel zum Erfolg sein. So viel Glück hat niemand. In ihrem Beruf ist ein offener und ehrlicher Umgang mit den Menschen zentral. «Die Kunden lassen viel Nähe zu. Da müssen wir vertrauenswürdig sein. Und viel Freude an der Arbeit und eine grosse Leidenschaft haben», ergänzt sie. Das war ein Grund, weswegen sie selbstständig werden wollte: «Etwas nach meinem Gusto verwirklichen.»

Und wer ein Team führt, muss seine Leidenschaft auf die Mitarbeitenden übertragen können. Muss Vorbild sein und so anstecken. Diese Einstellung gibt ihr Recht: «Von den aktuell 18 Vollzeitkräften haben 15 die Lehre bei uns gemacht.» Dazu kommen einige langjährige Mitarbeitende, darunter zwei, die seit 25 Jahren zum Team gehören. «Wir sind ein familiärer Betrieb, das ist unser Erfolgsrezept.»

 Leidenschaft
Leidenschaft ist das eine. Passion das andere. Man müsse die Menschen mögen. In der Führung ist Dätwyler wichtig, «dass die Mitarbeitenden in ihren Funktionen gefördert werden und sie sich entwickeln können.» Für die operative Leitung in den Salons hat sie immer Salonleiterinnen angestellt, welche in den Betrieben ihr Handwerk gelernt haben. «Das Team ist der Star.»

Ebenso zum Team gehört ihr Ehemann Kurt. Er kümmert sich um die administrativen Belange. Sein Engagement ist im Gleichschritt der Anzahl Salons gewachsen: zuerst als Hobby, danach 40 Prozent und heute 100 Prozent. Das ist für Theres Dätwyler «eine willkommene Sache», denn so kann sie sich voll und ganz der kreativen Arbeit widmen.

Drei Salons, ein grosses Team, zahlreiche Kundinnen und Kunden, lange Arbeitszeiten und eine ständige Präsenz, die viel Aufmerksamkeit verlangt – wie viele Stunden arbeitet Dätwyler? «Früher viel mehr als heute», sagt sie. Eine schöne Frisur, ein neuer Schnitt machen viele Menschen glücklich. Und wenn eine Kundin den Salon glücklich verlässt, dann bekomme sie viel Energie zurück. «Herz vor Geld. Das ist unser Credo.»

Ihre Einstellungen haben sich bewährt. Gerade in der Pandemie, als von einem Tag auf den andern alles anders wurde. «Ich war geschockt. Das hat ja niemand erwartet. Meine erste Reaktion war: Meinem Team gut schauen.» So hat sie während der Kurzarbeit die Löhne zu 100 Prozent ausbezahlt. Und ihren Kundinnen hat sie einen Lieferdienst für Pflegeprodukte angeboten. So ist sie, auch dank der finanziellen Unterstützung des Kantons, mit einem blauen Auge davongekommen.

Viel Aufmerksamkeit widmet sie ihre Kundinnen. Diese Kundenpflege erbringt Dätwyler nicht nur mit ihrem Team und den professionellen Leistungen. Stets sucht sie neue Techniken, Formen und Farben, unter anderem an Wettbewerben. Da, wo sich Hairstylistinnen aus der ganzen Welt messen. «Dabei lernen wir viel Neues, können Trends beobachten und den Kontakt pflegen», sagt Dätwyler. Und Medaillen nach Hause bringen. Zum Beispiel die goldene im Jahre 2008, die Andrea Hauser an den Weltmeisterschaften in Chicago gewann. Oder 2010, als Dätwyler mit ihrem Team «Hairdresser of the Year» wurde. Zwei Jahre später erhielt ihre Mitarbeiterin Deborah Schmid die Auszeichnung «Hairdresser of the Year», und 2014 brachte Melanie Perez den Schweizermeistertitel von den Swiss-Skills nach Hause. Den Weltmeistertitel gab es 2018 in Paris. Um nur einige zu nennen. Bei solchen Wettbewerben «darf und muss man sehr kreativ sein», wie Dätwyler sagt. Diese Kreativität könne man anschliessend teilweise in den Salons anwenden. «Aber», gibt sie zu bedenken, «Wettbewerbe beanspruchen viel Zeit und Geduld. Viele der Trainings und Vorbereitungen führen wir in der Freizeit durch.»

Handwerk
Trends blitzen auf und verschwinden wie Sternschnuppen. «Früher hatten wir Frisurenbücher», erzählt sie. Heute «blättert» ihr Team im Internet und in den Sozialen Medien. Zudem ermöglicht Dätwyler ihren Stylistinnen und Lehrlingen, sich regelmässig an Seminaren oder an internen Schulungen weiterzubilden. Werden neue Frisuren in Zukunft am Computer entworfen? Kann eine Kundin auf dem Bildschirm sehen, wie ihr die neue Frisur steht? «Diese Dienstleistung bieten wir bewusst nicht an. Schon die Farben sehen am echten Haar anders aus als auf einem Bildschirm. Da muss man sensibel darauf eingehen, das kann aus meiner Erfahrung keine Software.»

Dätwyler sieht in der Digitalisierung keinen Ersatz für ihre handwerkliche Arbeit, sondern «sie unterstützt unsere Arbeit.» Zum Beispiel mit dem Terminplaner auf der Webseite. Dieser bietet den Vorteil, dass Kundinnen jederzeit einen Termin buchen können, sogar am Sonntagabend. Zudem können sie mit der Anmeldung mitteilen, welche Leistung sie wünschen und von welcher Mitarbeiterin sie bedient werden möchten.

Es ist die persönliche Beratung, die einen wichtigen Teil dieses Handwerksberufes ausmacht. Dätwyler beschreibt es so: «Eine Kundin verwöhnen, sich für sie zu interessieren und auf ihre Wünsche eingehen, sie optisch zu verändern. Da entstehen Freundschaften zwischen den Mitarbeitenden und unseren Gästen.» Darum ist sich Dätwyler sicher: «Es wird noch lange ein Handwerksberuf bleiben.» Dätwyler und ihr Team tragen mit ihrem Berufsstolz viel dazu bei.

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