Es waren turbulente Tage und Wochen die der Glarner Bobfahrer Silvio Weber durchlebte. Nach der Nichtberücksichtigung für die Olympischen Winterspiele in Peking als Athlet durfte er schlussendlich doch nach China reisen - wenn auch nicht in der Funktion, die er sich eigentlich gewünscht hatte. Die Belohnung kam dann nach seiner Rückkehr für seinen monatelangen Trainingsaufwand doch noch.
Doch alles auf Anfang. Silvio Weber verbrachte die letzten Jahre mit intensiver Vorbereitung für eines Sportlers grösstes Ziel. An Olympia – mit seiner traditionsreichen und glorreichen Historie – wollte er dabei sein. Für Weber läuft zwar nicht alles optimal, die aber Resultate stimmen. Kurz vor dem Grossevent in Peking dann der Schock: Nach der knapp verpassten Selektion als Fixstarter wurde Webers Platz als Ersatzanschieber aus verletzungsgründen einem Ersatzpiloten zugesprochen. «Am Anfang war es eine grosse Enttäuschung, da ich schwer damit rechnete nach Peking zu gehen. Als erster Ersatzanschieber musste ich also in der Schweiz bleiben.» Das hiess: Auf alles verzichten und nichts erhalten. Weber musste sich abschotten, durfte niemanden treffen. Damit er für ein allfälliges Nachrücken bereit war, trainierte er alleine in Filzbach. «Ich muss zugeben, das Wort «Olympia» wollte ich eigentlich nicht mehr hören. Allerdings wollte ich weiterhin alles dafür machen, um im Falle bereit zu sein.»
Dann gings schnell
Am Donnerstag, dem 3. Februar, dann der Anruf. Webers Dienste werden in China benötigt. Am Montag darauf sitzt der Anschieber im Flugzeug nach Peking. Er wird als Betreuungsmitglied nominiert und sollte im Falle eines Ausfalls als Athlet zum Einsatz kommen. «Zwischen dem Anruf am Donnerstag und dem Abflug nach Peking musste ich einen 72- und einen 48-Stundentest machen, und kurz vor Abflug gleich nach Ankunft wurde ebenfalls getestet.» Schlussendlich reiste Silvio Weber unter anderem mit Skifahrer Ramon Zenhäusern und Bobkommentator Claude Jaggy nach China. Mit einem Bus ging es dann ins Olympische Dorf.
Imposantes Peking
Weber war von Peking beeindruckt. «Das Village war eindrücklich. Es war wunderschön gestaltet.» Doch noch mehr faszinierte ihn die Anlage seiner Sportart. «So eine Bobbahn wie in Peking wird es nicht mehr geben.» Die Hangausrichtung, eine beheizte Einlaufhalle für die Sprints, Garderoben – Der Molliser schwärmt von der Anlage, die er im fernen Osten angetroffen hat. «Alles was das Bobfahrerherz begehrt war vor Ort. Die komplette Bahn ist bedacht und gut beleuchtet. Zudem war die gesamte Anlage neu gebaut und somit auch architektonisch etwas fürs Auge.» Kulturell konnte Weber nur wenige Eindrücke vom Land sammeln. «Die Chinesen waren komplett abgeschottet, Kontakt gab es keinen. Die paar Volunteers im Village waren sehr zuvorkommend und freundlich. Allerdings machten die wohl genau Dienst nach Vorschrift.» Wollte man auf einer Fahrt zwischenzeitlich Aussteigen, war dies nicht möglich. «Die Fahrer fuhren genau von A nach B.» so Weber. Eine lustige Anekdote hat Silvio Weber noch auf Lager. «Einmal begann es doch tatsächlich zu schneien, etwa 20 cm. Damit waren die komplett überfordert und versuchten mit Besen und einem Frontlader mit einer Bürste Herr der Lage zu werden. Das war ein Schauspiel.»
Schweizermeister nach Rückkehr
Nach seiner Rückkehr in die Schweiz tat Weber wieder sportlich mit. Die Schweizermeisterschaft in Sankt Moritz stand an. Und wieder gab es Hindernisse. «Da unser Schlitten die nächsten zwei Monate noch auf dem Rückweg von Peking ist, mussten wir mit einem Mietschlitten antreten. Zudem mussten wir am Vorabend das halbe Team krankheitshalber auswechseln.» So sassen mit Silvio Weber Pilot Michael Vogt, Sandro Michel und Ersatzmann Quentin Juillard aus dem Bobteam Moulinier. Mit zwei Startbestzeiten, und einem zweiten Zwischenrang nach dem ersten Lauf, holte sich das ungewohnte Team schlussendlich den Schweizermeistertitel. Für Weber eine Genugtuung. «Wir wollten als Team einfach noch einmal alles reinbringen, was wir haben. Für mich ist das eine grosse Sache und nach den letzten Wochen eine grosse Freude.»
Fabio Lutz