«Hochwasserschutz, aber bitte ohne Dämme»

Linthal soll einen Hochwasserschutz erhalten, der mit dem Ausbruch aus dem Entwässerungsstollen für Braunwald gebaut werden soll. (Skizzen: zvg)

Linthal unten und Braunwald oben – die beiden Dörfer sind voneinander abhängig. Was auf der Sonnenterrasse passiert, betrifft auch die Menschen im Tal unten, und umgekehrt. Zwei aktuelle Projekte machen diese Abhängigkeit deutlich. Sie zeigen auch, dass es selbst auf so kleinem Raum Solidarität braucht, um Projekte zu realisieren.

Braunwald erhält einen Entwässerungsstollen, der unter anderem dazu dient, das Dorf vor dem Abrutschen zu sichern und der zu 85 Prozent von Bund und Kanton finanziert wird. Je 7,5 Prozent tragen die Gemeinde Glarus Süd und die Entwässerungskorporation. Nun soll im Rahmen eines Hochwasserschutzprojektes Linthal verschiedene Schutzmassnahmen bekommen. Die dringlichsten sind jene im Gebiet westlich der Bahnlinie, um das Gebiet von der Klausenpasstrasse bis zum Brummbach vor Überschwemmungen zu schützen. Das spielt für die Zukunft der Gemeinde eine grosse Rolle, wie Gemeinderat Kaspar Luchsinger erklärt: «Damit schützen wir unter anderem auch den Linthpark, der ein Entwicklungsschwerpunkt der Gemeinde ist.» Dort entstehen neue Arbeitsplätze. «Solange wir keinen Schutz garantieren können, hindert das die Entwicklung dieses Gebietes.» Zudem habe die Gemeinde Glarus Süd, so Luchsinger, für die Sicherheit der Einwohner und Einwohnerinnen zu sorgen. Auch dazu diene der Hochwasserschutz.

Im Rahmen des Stollenprojektes soll der Aushub vom Entlastungsstollen in Braunwald mit einer Seilbahn nach Linthal transportiert werden, wo er aufbereitet und für die Dämme des Hochwasserschutzes genutzt wird. «Diese Wiederverwertung ist auch ökologisch sinnvoll», so Luchsinger, doch wird das Brechen der Steine tagsüber Lärm verursachen. «Wir werden alles unternehmen, um diesen Lärm in Grenzen zu halten.»

Widerstand gegen Lärm
Dennoch gibt es Widerstand. Einige Einwohner/-innen von Linthal wollen keinen Lärm. Sie sprechen von «Abfall», den die Braunwalder selber behalten sollen. Doch das geht nicht; der Aushub kann in Braunwald weder genutzt noch entsorgt werden. Ohne Nutzung in Linthal müsste er nach Schwanden transportiert werden, was die Kosten für den Entwässerungsstollen um eine Million Franken erhöhen würde.

Widerstand gibt es auch gegen die Schutzwälle. Die Betroffenen seien zu kurzfristig über das Vorhaben informiert worden, die «Mitsprache der Anstösser und notabene auch Kostenträger» sei ausgehebelt worden, wie Leser Hans Küng schreibt. Dazu Kaspar Luchsinger: «Wir konnten die Betroffenen erst informieren, als das Projekt stand.» Das dauerte zwei Jahre, unter anderem, weil immer wieder Anpassungen nötig wurden, was aber bei einem so umfangreichen Projekt nicht ungewöhnlich ist. Luchsinger: «Anfang Oktober haben wir die Direktbetroffenen informiert.»

Mehrwert für Liegenschaften
Für das Projekt habe nur eine einzige Person privaten Boden hergeben müssen, so Luchsinger: «Mit ihr konnten wir alles regeln.» Alle andern betroffenen Flächen sind im Eigentum der Gemeinde Glarus Süd. Die Anstösser, welche durch das Projekt Schutz und damit einen Mehrwert für ihre Liegenschaften bekommen, müssen sich an den Kosten für den Hochwasserschutz beteiligen: «Das sind einmalig zwischen 2000 und 4000 Franken.» Bleibt die Frage, wie der Hochwasserschutz die Landschaft verändert. Luchsinger: «Das sind drei Meter hohe Dämme auf einer Länge von 30 Metern. Sie werden so gestaltet, dass sie weiterhin maschinell bearbeitet werden können.»

Misstrauen gegenüber Gefahrenkarte?
Der Bauschutt aus Braunwald kann ökologisch sinnvoll verwertet werden, indem damit ein Schutz vor Hochwasser gebaut wird. Zwei Projekte, die letztlich allen in Glarus Süd zugute kommen und deren Kosten über die Steuern von Bund, Kanton und Gemeinde solidarisch mitgetragen werden, wobei Steuergelder in zweistelliger Millionenhöhe von Bund und Kanton in den Süden fliessen. Weshalb also Widerstand? Gemeinderat Luchsinger: «Die Opposition kommt vielleicht daher, dass gegenüber der Gefahrenkarte ein grosses Misstrauen besteht. Es fehlt das Vertrauen in die Planer und in die Gemeindebehörden.» Zurzeit ist der Widerstand eher laut, als wirklich breit abgestützt. Luchsinger zeigt sich denn auch zuversichtlich: «Die Gemeindeversammlung wird dem Hochwasserschutz zustimmen. Schliesslich ist es ja für die Allgemeinheit.»   

Fredy Bühler

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